Willy Bendorf wurde am 20.10.1899 in Quickborn als Sohn eines Landwirts in Quickborn geboren. Er stammte aus einer kinderreichen Familie und hatte insgesamt sechs Geschwister. Nach dem Besuch der sechsklassigen Volksschule arbeitete er 1915 bei seiner ältesten Schwester auf dem Hof, deren Ehemann als Soldat im Ersten Weltkrieg eingezogen war. 1916 fiel Willi Bendorf von einer Leiter und zog sich eine schwere Beinverletzung zu, die später zur Amputation des linken Unterschenkels führte. Durch die Gehbehinderung war er für den Militärdienst untauglich und für die Tätigkeit in der Landwirtschaft nicht mehr arbeitsfähig.[1] Aufgrund der Körperbehinderung und der mangelnden schulischen Ausbildung übte er fortan verschiedene Gelegenheitstätigkeiten aus. So war er Telefonist,[2], Pferdeknecht,[3], Hausdiener im Holsteinischen Hof, Kellner,[4], Pförtner[5] und von 1928 bis 1936 Fleischbeschauer im Schlachthof in Altona sowie anschließend beauftragt durch das Landratsamt des Kreises Pinneberg Fleischbeschauer in Pinneberg und Quickborn. Von 1936 bis zur Absetzung durch die britische Militärregierung 1945 war er als Bezirkskommissar der Landesbrandkasse Kiel tätig. 1925 heiratete er seine Frau Agnes, mit der er zwei Kinder hatte.[6]
Mitte der 1920er Jahre war Bendorf einige Zeit Mitglied in der SPD, ohne hier jedoch besonders hervorgetreten zu sein.[7] Im März 1930 trat er mit der Mitglieds-Nr. 212416 der NSDAP bei. In der Ortsgruppe war er wenig später in Quickborn-Renzel Blockleiter und „Stützpunktkassenleiter“, ab 1934 Zellenleiter und schließlich ab dem 15. August 1935 bis Kriegsende als Nachfolger von Karl Schäffer Ortsgruppenleiter der NSDAP.[8] Von den Zeitzeugen wird Willy Bendorf als emporstrebende, aber unbegabte Person beschrieben. So sei er nach den Auskünften seiner Nichte „nur eine Gallionsfigur gewesen, denn im Kopf hatte er nicht viel.“ [9] Andere charakterisierten ihn als „Angeber“ und „Gernegroß“ [10], als „dummen Menschen, aber unglaublich fanatisch“ [11] und „nicht eine treibende Kraft, er hat nur den Posten ausgefüllt.“ [12] Der Meierist Dwinger äußerte 1947 über ihn: „Ich persönlich kann über die Einstellung des Bendorf sagen, dass er auf Grund seiner politischen Stellung sehr bestrebt war, vorwärts zu kommen. Seit der Machtübernahme hat er sich in der NSDAP sehr aktiv betätigt.“ [13] In der Nachkriegszeit äußerte sich der KPD-Vorsitzende Julius Stubbe, dessen Bruder die Schwester von Willy Bendorf geheiratet hatte, über ihn: „Bendorf ist mir von der Jugend her bekannt. In den früheren Jahren war er ein guter Kamerad, mit dem man sich auch unterhalten konnte. Dies wurde aber sofort anders, als B. Ortsgruppenleiter wurde. Von diesem Tage an duldete er keine andere Meinung mehr und auch keine Kritik. Dies ging so weit, wer nicht seiner Meinung war, wurde verprügelt. Bendorf merkte sich ganz besonders die Leute, die irgendwie Kritik an der NSDAP. übten.“ [14] Ein weiterer Quickborner berichtete: „Alle Personen, die mit der NSDAP nichts zu tun haben wollten, zu denen ich auch gehörte, waren für ihn Menschen zweiter Klasse. Dieses trat besonders dadurch hervor, dass er alle Personen zur Wehrmacht einberufen liess, die nicht zur Partei gehörten. Alle Parteimitglieder wurden von ihm weitgehendst unterstützt, bezüglich der Einberufung. Auch in anderen Angelegenheiten fanden sie immer seinen Beistand und Hilfe. Ich persönlich bin von ihm beleidigt und geschlagen worden. Dieser Vorfall ereignete sich am 27.6.1942 in Schmidts Gasthof in Quickborn. Am genannten Tage sass ich mit mehreren Quickborner Bürgern am Tisch und tranken Bier. 2 Tische von uns entfernt sass Bendorf. Als ich das Lokal verlassen wollte, trat B. in angetrunkenem Zustande an mich heran und sagte folgendes: Du Judenlümmel, Scheisskerl und sonstige gewöhnliche Ausdrücke! Zur gleichen Zeit erhielt ich ohne jeden Grund 2 Ohrfeigen.“ [15]
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Bendorf im Rahmen der Gleichschaltung der Allgemeinen Ortskrankenkasse zum Vorsitzenden in den Krankenkassenausschuss gewählt[16] und war als Ortsgruppenleiter ab 1935 im Gemeinderat tätig.[17] 1939 trat er mit seiner Familie aus der evangelischen Kirche aus.[18]. Die politischen Beweggründe des Austrittes versuchte er in seinem Entnazifizierungsverfahren mit „steuerliche Gründe und Interessenlosigkeit“ zu verschleiern.[19]
Zum Kriegsende hin war er zuständig für die Organisation des „Volkssturms“, der sich den herannahenden britischen Streitkräften wehrhaft entgegenstellen sollte. Hierzu ist es allerdings aufgrund der eindeutigen Überlegenheit der feindlichen Streitkräfte und der Sinnlosigkeit des Unterfangens nicht mehr gekommen.[20]
Willy Bendorf wurde bald nach der Besetzung verhaftet und wegen seiner führenden Position in einer verbrecherisch erklärten Organisation von den Briten interniert. In einem Spruchgerichtsverfahren wurde er unter Anrechnung der Internierungshaft zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Spruchkammer Bielefeldt urteilte am 19.12.1947: „Bei der Bemessung der Strafe war davon auszugehen, dass der Angeklagte immerhin 10 Jahre lang Ortsgruppenleiter war und dementsprechend eine ziemlich umfangreiche Kenntnis von der verbrechersichen Tätigkeit der Partei erlangt hat. Es musste ferner berücksichtigt werden, dass er sich nach der vorliegenden polizeilichen Auskunft besonders eifrig politisch betätigt und dabei eine gewisse Unduldsamkeit gezeigt hat. Schliesslich ist er auch in gewissem Sinne Nutzniesser der Partei, denn er hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, dass er seine Ernennung zum Brandkassenkommissar wohl hauptsächlich seiner Eigenschaft als alter Kämpfer zu verdanken hat.“ [21] Wenige Tage nach dem Urteilsspruch wurde Willy Bendorf aus dem Internierungslager Eselheide entlassen und kehrte nach Quickborn zurück. In einem Entnazifizierungsverfahren 1948 wurde er zunächst als Zugehörger in der Gruppe III als „Belasteter“ zu einer Strafe von 50 DM Verwaltungsgebühr zzgl. 200 DM Wiederaufbaubeitrag verurteilt. In einem Revisionsverfahren 1951 vor dem Entnazifizierungs-Hauptausschuss des Landes Schleswig-Holstein wurde der ehemaligen NSDAP-Ortsgruppenleiter jedoch in die Gruppe IV als „Mitläufer“ runtergestuft.
Bendorf war nach seiner Haftentlassung im Gärtnerbetrieb seines ehemaligen Parteigenossen Johann Döhle als Arbeiter tätig[22] und starb im Januar 1952 mit 52 Jahren an einem Herzschlag.