Bis zur Kommunalwahl am 12.03.1933 war an diesem Ort das „Machtzentrum“ der Stadt: Mit einer gewählten Stadtvertretung und einem Magistrat mit dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der demokratisch, direkt gewählte sozialdemokratische Bürgermeister Wellenbrink wurde hier seines Amtes enthoben.
Danach gab es keine Wahlen zur Stadtvertretung mehr; die Stadtvertreter wurden von der Partei ernannt. Der Nazi-Bürgermeister Dölling agierte nach dem „Führerprinzip“.
Das alte Rathaus der Stadt stand auf der Ecke Kirchenstraße/Rathausstraße. Der Anbau ist noch vorhanden. Bis 1977 war hier der Sitz der Stadtverwaltung Uetersen, seitdem ist das Rathaus in der Wassermühlenstraße.
Anzusprechen sind hier die „Städtischen Kollegien“:
Das Gemeindeverfassungsgesetz vom 15.12.1933 beseitigt in Preußen dieses Zweikörpersystem und jegliche Form der kollegialen Zusammenarbeit. Anstelle er „Städtischen Kollegien“ tritt der Gemeinderat.
Seine Mitglieder werden nicht mehr gewählt, sondern ernannt bzw. berufen (= Ratsherren; die Zahl ist lt. Hauptsatzung auf 10 festgesetzt). Vorsitzender des Gemeinderates ist der Bürgermeister als Gemeindeleiter. Dieses Gremium fasst auch keine Beschlüsse mehr, sondern dient nur noch der Beratung. Die Entscheidungen trifft und verantwortet der Leiter = Vorsitzender = Bürgermeister.
Das Gemeindeverfassungsgesetz vom 15.12.1933 dehnt das Führerprinzip auf die Gemeindeverwaltung aus.
Bereits vor der Kommunalwahl am 12.03.1933 wurden am 07.03. am Rathaus die Hakenkreuzfahne und die Fahne Schwarz-weiß-rot gehisst. Ortgruppenleiter Pein hielt eine markige Ansprache: „… so tun wir das … aus dem Gefühl ehrlicher Freude über den Sieg der nationalen Kräfte und aus diesem tiefsten Verantwortungsbewusstsein über die Aufgaben, die vor uns liegen …“[2]
Am 25.03.1933 wurde der 1930 direkt gewählte Bürgermeister Heinrich Wellenbrink (SPD) von den Nazis zunächst beurlaubt und später entlassen.
Kommissarischer Bürgermeister wurde der bisherige Stadtrat Ferdinand Bauth. Am 09.10.1933 wurde Hermann Dölling (NSDAP) als Bürgermeister eingesetzt und blieb es bis zum 05.06.1945.
Zusammenfassung:
Wer hatte nun das Sagen in der Stadt?
Diese Thematik ist noch nicht abschließend erforscht.
Erhard Vogt, Juni 2018
[1] Die NSDAP kandidierte bei den Stadtverordnetenwahlen im Nov. 1929 als Wahlvorschlag “Gerechtigkeit und Wahrheit” und im März 1933 als Wahlvorschlag “Nationaler Zusammenschluss”. 1929 stellte sie vier und 1933 elf von 18 Stadtvertretern.
[2] Uetersener Nachrichten vom 11.03.1933.