Vom Fußballplatz des FC Holstein zur „Kampfbahn“ der SA – Die Gleichschaltung des bürgerlichen Vereinswesens

23. März 1938
Feldbehnstraße 35, Quickborn

Auf dem heutigen Areal des Supermarktes „Markant“ in der Feldbehnstraße 35 befand sich einst der Fußballplatz des FC Holstein.[1] Während sich die Fußballenthusiasten aus den Reihen der Arbeiterbewegung eher der Fußballmannschaft „Rotsport“ anschlossen, die auf dem Arbeitersportplatz am Lokal „Zum Marktplatz“ in der Marktstraße spielten,[2]  war für die Kicker aus dem bürgerlichen Milieu der FC Holstein die sportliche Heimat. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden zwar die Vereine und Organisationen der Arbeiterbewegung in der Regel aufgelöst, für das bürgerliche Vereinswesen galt dieses jedoch zunächst nicht. Diese wurden auf Anweisung der Nationalsozialisten bzw. der höheren Verbandsebenen ab 1933 gleichgeschaltet. Allgemein wurde hierbei verfügt, dass in den Vorständen „national zuverlässige“ Personen vertreten sein sollten und in den Vereinsstrukturen das „Führerprinzip“ durchzusetzen sei: Vorstände wurden nun nicht mehr durch die Mitglieder gewählt, sondern von Dachverbänden ernannt.

In Quickborn war die Gleichschaltung des bürgerlichen Vereinswesens eher ein formaler Akt. Nennenswerte personellen Veränderungen in den Vereinsvorständen waren zumeist nicht erforderlich, da sich diese oftmals bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus dem politisch gewünschten Personal zusammensetzten. Dieses traf auch auf den FC Holstein zu. Auf einer außerordentlichen Generalversammlung Anfang Mai 1933 wurden zwar mit Otto Balleier und Adolf Kuhlmann zwei alte NSDAP-Mitglieder in den engeren Vorstand berufen, den Vereinsvorsitz nahm jedoch weiterhin der langjährige Vorsitzende Max Schulz ein.[3] Schulz hatte sich 1933 der SA angeschlossen, wo er zum Truppenführer ernannt wurde, und trat 1937 dann auch in die NSDAP ein (Biografie siehe Spur: Geschäftsstelle der Deutschen Arbeitsfront (DAF)).[4] Über die Gleichschaltung des Sportvereins war in der Lokalpresse zu entnehmen: „Wie überall in Deutschland unter der nationalsozialistischen Regierung neu aufgebaut wird, so soll in den Sportvereinen und auch im FC. Holstein neu aufgebaut werden. In den Sportvereinen soll mehr denn je deutsches Volksbewusstsein und vaterländische Gesinnung gepflegt werden, zur Ertüchtigung der Jugend und mit dem Ziel, dass jedes Vereinsmitglied am Aufbau des neuen Deutschlands mitarbeite.[5] Zur „Ertüchtigung der Jugend“ galt es zukünftig auch, Übungen des Wehrsports mit in das Training einzubeziehen.[6] Die Gleichschaltung wurde schließlich dadurch abgeschlossen, dass in einer weiteren Generalversammlung des FC Holsteins im März 1935 die vom Reichssportführer herausgegebene Einheitssatzung angenommen wurde.[7]

Parallel zu den bürgerlichen Sportvereinen boten auch nationalsozialistische Formationen wie die Hitlerjugend und die SA Sportangebote an, die die Teilnehmer fit für den Kriegsfall machen sollten. So würden die Mitglieder der SA „in erster Linie weltanschaulich und charakterlich gefestigt und zum Träger des nationalsozialistischen Gedankenguts ausgebildet. Darüber hinaus liegt es der SA. ob, durch die Pflege soldatischer Tugenden den Wehrgeist zu stärken und durch eine planmäßige Ausbildung nach den Grundsätzen des SA.-Sportabzeichens die körperliche Ertüchtigung des einzelnen zu fördern und ihn auf diese Weise für den Dienst in der Wehrmacht vorzubereiten.[8] Das erwähnte SA-Sportabzeichen, das nicht nur SA-Mitglieder, sondern auch „von Nichtangehörigen der Bewegung erworben und getragen werden darf, sofern sie rassisch und weltanschaulich den nationalsozialistischen Voraussetzungen entsprechen“,[9] erhielten z.B. die Mitglieder des SA-Sturms 36/265, als sie im November 1934 in Quickborn in Anwesenheit des Sturmführers Gottschau die letzte Disziplin „Geländesport“ mit Orientierungs-, Melde- und Tarnungsübungen[10] erfolgreich absolvierten.[11]

Der Allmachtsanspruch der NSDAP führte im Laufe der Zeit des „Dritten Reichs“ jedoch dazu, dass auch das gleichgeschaltete bürgerliche Vereinswesen von den Gliederungen der NSDAP zunehmend an den Rand gedrängt wurde. Dieses betraf auch den FC Holstein. Die Lokalpresse meldete im März 1938, dass der frühere Sportplatz des Fußballclubs an der Feldbehnstraße zu einer „SA-Kampfbahn“ umgebaut werden sollte.[12]

Veröffentlicht von Jörg Penning am

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