Karl Ba­ron von Ro­sen­berg – 1942 in Ausch­witz um­ge­kom­men

Karl von Rosenberg, 1935 (Sammlung: Ferdinand von Rosenberg)
Eichenhof, Hemdingen ca. 1930er Jahre (Fotograf unbekannt)
STOLPERSTEIN in Erinnerung an Karl von Rosenberg, Steindamm Nr. 10, Hemdingen 2012 (Foto: Jörg Penning)
Eichenhof der Familie v. Rosenberg, Hemdingen ca. Ende 1930er Jahre (Sammlung: Ferdinand von Rosenberg)
Anwesen Eichenhof, ehemaliger Wohnsitz der Familie von Rosenberg, Hemdingen 2012 (Foto: Jörg Penning)
13. De­zem­ber 1942
Stein­damm 10, Hem­din­gen

Am 9. April 2008 wur­de in der Stra­ße Stein­damm 10 in Hem­din­gen ein STOL­PER­STEIN für Karl Ba­ron von Ro­sen­berg ver­legt. Er trägt die Auf­schrift:

HIER WOHN­TE

KARL BA­RON VON

RO­SEN­BERG

JG. 1891

VER­HAF­TET 26.1.1942

PO­LI­ZEI­GEFÄNG­NIS KIEL

KZ NEU­ENG­AM­ME

ER­MOR­DET 13.12.1942

AUSCH­WITZ

Karl von Ro­sen­berg wur­de am 5. De­zem­ber 1891 in Neu­san­dek in Öster­reich ge­bo­ren und war im Ers­ten Welt­krieg Of­fi­zier der ös­ter­rei­chi­schen Ar­mee. Ver­hei­ra­tet war er mit Gi­se­la von Ro­sen­berg. Aus der Ehe gin­gen die Söh­ne Fer­di­nand und Ni­co­laus her­vor. Nach dem Krieg mach­te er in Ham­burg eine Bank­leh­re und er­öff­ne­te an­schlie­ßend ein Im­port­han­dels­ge­schäft mit Wild­häu­ten und Gerb­stof­fen.[1] 1930 er­war­ben Karl und Gi­se­la von Ro­sen­berg in Hem­din­gen das land­wirt­schaft­li­che An­we­sen „Ei­chen­hof“, wo die Söh­ne eine glück­li­che Kind­heit ver­brach­ten.[2]

Nach den „Nürn­ber­ger Ras­se­ge­set­zen“ galt der Ka­tho­lik Karl von Ro­sen­berg auf­grund sei­ner jü­di­schen Vor­fah­ren als Jude, blieb aber in den ers­ten Jah­ren von Ver­fol­gungs­maß­nah­men ver­schont, da er sei­ne Ab­stam­mung zu­nächst ver­heim­li­chen konn­te und „ari­sche“ Pa­pie­re an­fer­ti­gen ließ.[3] Ei­nen ge­wis­sen Schutz bot zu­dem die ös­ter­rei­chi­sche Staats­bür­ger­schaft der Fa­mi­lie. Mit der Be­set­zung Öster­reichs am 12. März 1938 än­der­te sich die­ses.[4] Um nä­he­re Nach­prü­fun­gen der „Ras­se­zu­ge­hö­rig­keit“  im Zu­sam­men­hang mit sei­ner kauf­män­ni­schen Tä­tig­keit zu ent­ge­hen, sah Karl von Ro­sen­berg sich dazu ge­zwun­gen, sei­ne Fir­ma in Ham­burg 1938 auf­zu­ge­ben und sich voll­stän­dig auf den länd­li­chen Be­sitz in Hem­din­gen zu­rück­zu­zie­hen.[5] Das fi­nan­zi­el­le Aus­kom­men der Fa­mi­lie wur­de ab 1940 durch den Be­trieb ei­ner Pen­si­on im Haupt­haus ab­ge­si­chert. Bis zu 30 Gäs­te, die das ru­hi­ge Land­le­ben und die gute Ver­pfle­gung schätz­ten, konn­ten hier be­her­bergt wer­den. Die Fa­mi­lie selbst ver­zog in das Ne­ben­ge­bäu­de des „Ei­chen­hofs“.[6]

Nach­dem aus un­be­kann­ten Grün­den die tat­säch­li­che „ras­si­sche“ Ab­stam­mung von Karl von Ro­sen­berg be­kannt ge­wor­den war, wur­de er am 26. Ja­nu­ar 1942 fest­ge­nom­men.[7] Im Vor­we­ge hat­ten Mit­te Ok­to­ber 1941 die Ju­den­de­por­ta­tio­nen aus dem Deut­schen Reich ein­ge­setzt,[8] von der An­fang De­zem­ber 1941 auch die ers­ten Ju­den aus Schles­wig-Hol­stein be­trof­fen wa­ren,[9] und hohe Par­tei- und Be­hör­den­ver­tre­ter am 20. Ja­nu­ar 1942 auf der „Wann­see-Kon­fe­renz“ Maß­nah­men zur „End­lö­sung der Ju­den­fra­ge“ be­spro­chen.[10]

Die Ver­haf­tung wur­de von der Ge­sta­po an­ge­ord­net und von der Barm­sted­ter Orts­po­li­zei­be­hör­de durch­ge­führt. Man ver­brach­te Karl von Ro­sen­berg an­fangs in das Po­li­zei­ge­fäng­nis Kiel und über­stell­te ihn hier der Ge­sta­po. Aus sei­nen aus der Haft ge­schmug­gel­ten Brie­fen wuss­te die Fa­mi­lie, dass die Ge­sta­po-Haft im Ver­gleich zu der Po­li­zei­haft un­ter den alt­ge­dien­ten Po­li­zei­be­am­ten schreck­lich ge­we­sen war.[11]

Am 20. Mai 1942 er­folg­te in Häft­lings­klei­dung die Über­füh­rung von Kiel in das KZ Neu­eng­am­me[12] in ei­nem spe­zi­el­len Ge­fan­ge­nen-Wag­gon, der ei­nem nor­ma­len Per­so­nen­zug an­ge­hängt wur­de. Neu­eng­am­me war hier­bei nur eine Zwi­schen­sta­ti­on. Von hier aus wur­de Karl von Ro­sen­berg in das KZ Ausch­witz ver­schleppt.[13]

Die in Hem­din­gen zu­rück­ge­blie­be­ne Fa­mi­lie sah sich ge­zwun­gen, im Mai 1942 das An­we­sen zu ver­kau­fen. Orts­bau­ern­füh­rer Adolf Pi­e­ning hat­te Gi­se­la von Ro­sen­berg die Ge­neh­mi­gung ent­zo­gen, eine Land­wirt­schaft zu be­trei­ben, wo­durch der Pen­si­on die Ba­sis ent­zo­gen war. Mit dem Käu­fer, dem SA-Mann Hel­mut Ur­ban, der den „Ei­chen­hof“ in „Ur­bel­hof“ um­be­nann­te, mach­te die Fa­mi­lie un­an­ge­neh­me Er­fah­run­gen: Er be­han­del­te die Mut­ter ab­fäl­lig und stell­te die Mö­bel der Fa­mi­lie von heu­te auf mor­gen auf den Hof. Der Sohn Fer­di­nand be­such­te zu die­ser Zeit die Mit­tel­schu­le in Barm­stedt. Sei­ne Leh­re­rin hat­te sich vor­bild­lich ihm ge­gen­über als „Misch­ling 1. Gra­des“ ver­hal­ten, im Un­ter­schied zu an­de­ren Barm­sted­tern, die ihn ge­le­gent­lich auf der Stra­ße an­pö­bel­ten. Aus Hem­din­gen ver­trie­ben, ver­zog die Fa­mi­lie nach Frei­burg in ein Haus ei­nes Vet­ters der Mut­ter.[14] Auch hier blieb die Fa­mi­lie nicht von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­schont: Am 17. Ja­nu­ar 1945 wur­de Gi­se­la von Ro­sen­berg we­gen des Ver­dach­tes der Wehr­kraft­zer­set­zung und der Spio­na­ge ver­haf­tet und nach zwei Wo­chen Ge­fäng­nis­haft in das „Si­che­rungs­la­ger“ Ro­ten­fels ver­bracht. Als die­ses La­ger im Zuge der an­rü­cken­den Al­li­ier­ten in Rich­tung Os­ten ver­legt wur­de, konn­te sie in ei­nem güns­ti­gen Mo­ment flie­hen und mit Un­ter­stüt­zung ei­ner nahe ge­le­ge­nen Pfar­rei bis Kriegs­en­de un­ter­tau­chen.[15]

Wäh­rend Carl von Ro­sen­berg in­haf­tiert war, setz­ten die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten die Ehe­frau un­ter Druck, sich von ih­rem Mann schei­den zu las­sen. Um Be­nach­tei­li­gun­gen der Kin­der zu ver­mei­den, stimm­te der Ehe­mann der Schei­dung der Ehe zu, die am 11. No­vem­ber 1942 ge­trennt wur­de. Un­ge­fähr ei­nen Mo­nat spä­ter, am 13. De­zem­ber 1942, kam Carl von Ro­sen­berg in Aus­schwitz ums Le­ben.[16]

In der Nach­kriegs­zeit kehr­te Gi­se­la von Ro­sen­berg nach Nord­deutsch­land zu­rück und be­trieb in Quick­born in der Do­na­th­stra­ße Nr. 12 eine Wä­sche­rei.[17] Sie ver­starb 1998 mit 93 Jah­ren.[18] Der Sohn Ni­co­laus von Ro­sen­berg ver­starb im April 2012 in San Die­go/​USA.[19] Der zwei­te Sohn Fer­di­nand von Ro­sen­berg, der dem Au­tor die­ses Ar­ti­kels bei den Re­cher­chen sehr un­ter­stützt hat­te, leb­te zu­letzt in der Nähe von Frei­burg. Er ver­starb im Mai 2019.[20] Der heu­ti­ge Be­sit­zer des An­we­sens in Hem­din­gen hat den „Ur­bel­hof“ wie­der in „Ei­chen­hof“ um­be­nannt.[21]

Veröffentlicht von Jörg Penning am

Ein Hinweis zu “Karl Baron von Rosenberg – 1942 in Auschwitz umgekommen”

  1. Marcus Von Rosenberg sagt:

    I am Mar­cus von Ro­sen­berg and Karl was gre­at grand fa­ther, I was try­ing to find in­for­ma­ti­on about him and found this ar­ti­cle. My mo­ther(Ca­ro­lin von Ro­sen­berg) trans­la­ted it for me sin­ce I only speak Eng­lish, but it is ama­zing how much is known about his sto­ry, I app­re­cia­te the ef­fort that was put into the­se ar­ti­cles. I still hope to learn more about my fa­mi­ly and he­ri­ta­ge.

  2. Das ist für die Nach­fah­ren sehr wich­tig, die Er­in­ne­run­gen der Op­fer des Ho­lo­caus­tes wach zu hal­ten und im­mer wie­der ge­gen das Ver­ges­sen zu ap­pel­lie­ren !!!!

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