Am 9. April 2008 wurde in der Straße Steindamm 10 in Hemdingen ein STOLPERSTEIN für Karl Baron von Rosenberg verlegt. Er trägt die Aufschrift:
HIER WOHNTE
KARL BARON VON
ROSENBERG
JG. 1891
VERHAFTET 26.1.1942
POLIZEIGEFÄNGNIS KIEL
KZ NEUENGAMME
ERMORDET 13.12.1942
AUSCHWITZ
Karl von Rosenberg wurde am 5. Dezember 1891 in Neusandek in Österreich geboren und war im Ersten Weltkrieg Offizier der österreichischen Armee. Verheiratet war er mit Gisela von Rosenberg. Aus der Ehe gingen die Söhne Ferdinand und Nicolaus hervor. Nach dem Krieg machte er in Hamburg eine Banklehre und eröffnete anschließend ein Importhandelsgeschäft mit Wildhäuten und Gerbstoffen.[1] 1930 erwarben Karl und Gisela von Rosenberg in Hemdingen das landwirtschaftliche Anwesen „Eichenhof“, wo die Söhne eine glückliche Kindheit verbrachten.[2]
Nach den „Nürnberger Rassegesetzen“ galt der Katholik Karl von Rosenberg aufgrund seiner jüdischen Vorfahren als Jude, blieb aber in den ersten Jahren von Verfolgungsmaßnahmen verschont, da er seine Abstammung zunächst verheimlichen konnte und „arische“ Papiere anfertigen ließ.[3] Einen gewissen Schutz bot zudem die österreichische Staatsbürgerschaft der Familie. Mit der Besetzung Österreichs am 12. März 1938 änderte sich dieses.[4] Um nähere Nachprüfungen der „Rassezugehörigkeit“ im Zusammenhang mit seiner kaufmännischen Tätigkeit zu entgehen, sah Karl von Rosenberg sich dazu gezwungen, seine Firma in Hamburg 1938 aufzugeben und sich vollständig auf den ländlichen Besitz in Hemdingen zurückzuziehen.[5] Das finanzielle Auskommen der Familie wurde ab 1940 durch den Betrieb einer Pension im Haupthaus abgesichert. Bis zu 30 Gäste, die das ruhige Landleben und die gute Verpflegung schätzten, konnten hier beherbergt werden. Die Familie selbst verzog in das Nebengebäude des „Eichenhofs“.[6]
Nachdem aus unbekannten Gründen die tatsächliche „rassische“ Abstammung von Karl von Rosenberg bekannt geworden war, wurde er am 26. Januar 1942 festgenommen.[7] Im Vorwege hatten Mitte Oktober 1941 die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich eingesetzt,[8] von der Anfang Dezember 1941 auch die ersten Juden aus Schleswig-Holstein betroffen waren,[9] und hohe Partei- und Behördenvertreter am 20. Januar 1942 auf der „Wannsee-Konferenz“ Maßnahmen zur „Endlösung der Judenfrage“ besprochen.[10]
Die Verhaftung wurde von der Gestapo angeordnet und von der Barmstedter Ortspolizeibehörde durchgeführt. Man verbrachte Karl von Rosenberg anfangs in das Polizeigefängnis Kiel und überstellte ihn hier der Gestapo. Aus seinen aus der Haft geschmuggelten Briefen wusste die Familie, dass die Gestapo-Haft im Vergleich zu der Polizeihaft unter den altgedienten Polizeibeamten schrecklich gewesen war.[11]
Am 20. Mai 1942 erfolgte in Häftlingskleidung die Überführung von Kiel in das KZ Neuengamme[12] in einem speziellen Gefangenen-Waggon, der einem normalen Personenzug angehängt wurde. Neuengamme war hierbei nur eine Zwischenstation. Von hier aus wurde Karl von Rosenberg in das KZ Auschwitz verschleppt.[13]
Die in Hemdingen zurückgebliebene Familie sah sich gezwungen, im Mai 1942 das Anwesen zu verkaufen. Ortsbauernführer Adolf Piening hatte Gisela von Rosenberg die Genehmigung entzogen, eine Landwirtschaft zu betreiben, wodurch der Pension die Basis entzogen war. Mit dem Käufer, dem SA-Mann Helmut Urban, der den „Eichenhof“ in „Urbelhof“ umbenannte, machte die Familie unangenehme Erfahrungen: Er behandelte die Mutter abfällig und stellte die Möbel der Familie von heute auf morgen auf den Hof. Der Sohn Ferdinand besuchte zu dieser Zeit die Mittelschule in Barmstedt. Seine Lehrerin hatte sich vorbildlich ihm gegenüber als „Mischling 1. Grades“ verhalten, im Unterschied zu anderen Barmstedtern, die ihn gelegentlich auf der Straße anpöbelten. Aus Hemdingen vertrieben, verzog die Familie nach Freiburg in ein Haus eines Vetters der Mutter.[14] Auch hier blieb die Familie nicht von den Nationalsozialisten verschont: Am 17. Januar 1945 wurde Gisela von Rosenberg wegen des Verdachtes der Wehrkraftzersetzung und der Spionage verhaftet und nach zwei Wochen Gefängnishaft in das „Sicherungslager“ Rotenfels verbracht. Als dieses Lager im Zuge der anrückenden Alliierten in Richtung Osten verlegt wurde, konnte sie in einem günstigen Moment fliehen und mit Unterstützung einer nahe gelegenen Pfarrei bis Kriegsende untertauchen.[15]
Während Carl von Rosenberg inhaftiert war, setzten die Nationalsozialisten die Ehefrau unter Druck, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen. Um Benachteiligungen der Kinder zu vermeiden, stimmte der Ehemann der Scheidung der Ehe zu, die am 11. November 1942 getrennt wurde. Ungefähr einen Monat später, am 13. Dezember 1942, kam Carl von Rosenberg in Ausschwitz ums Leben.[16]
In der Nachkriegszeit kehrte Gisela von Rosenberg nach Norddeutschland zurück und betrieb in Quickborn in der Donathstraße Nr. 12 eine Wäscherei.[17] Sie verstarb 1998 mit 93 Jahren.[18] Der Sohn Nicolaus von Rosenberg verstarb im April 2012 in San Diego/USA.[19] Der zweite Sohn Ferdinand von Rosenberg, der dem Autor dieses Artikels bei den Recherchen sehr unterstützt hatte, lebte zuletzt in der Nähe von Freiburg. Er verstarb im Mai 2019.[20] Der heutige Besitzer des Anwesens in Hemdingen hat den „Urbelhof“ wieder in „Eichenhof“ umbenannt.[21]
I am Marcus von Rosenberg and Karl was great grand father, I was trying to find information about him and found this article. My mother(Carolin von Rosenberg) translated it for me since I only speak English, but it is amazing how much is known about his story, I appreciate the effort that was put into these articles. I still hope to learn more about my family and heritage.
Das ist für die Nachfahren sehr wichtig, die Erinnerungen der Opfer des Holocaustes wach zu halten und immer wieder gegen das Vergessen zu appellieren !!!!