Erich P.J. Fried­richs – im Wi­der­stand, ver­haf­tet Hel­go­land 18.4.1945, hin­ge­rich­tet 21.4.1945 Cux­ha­ven-Sah­len­burg

Erich P.J. Friedrichs, Helgoländer Widerständler (Foto F.Schensky)
18. April 1945
Hel­go­land

Erich P.J. Friedrichs, Helgoländer Widerständler, verhaftet auf Helgoland am 18.4.1945 - hingerichtet am 21.4.1945 in Cuxhaven-Sahlenburg                 Erich P.J. Friedrichs, Helgoländer Widerständler, Grabstein Helgoländer Friedhof (Foto A. Friederichs)

Erich P.J. Fried­richs                                          Grab­stein – Fried­hof Hel­go­land

Die In­sel Hel­go­land hat­te wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges trotz mas­si­ver Be­fes­ti­gungs- und Ver­tei­di­gungs­an­la­gen kei­ne nen­nens­wer­te mi­li­tä­ri­sche Be­deu­tung.  Am Ende des Krie­ges war sie aber mit ih­rem Flug­mel­de­dienst so weit drau­ßen im Meer wich­tig, um in den gro­ßen Küs­ten­städ­ten Ham­burg und Bre­men recht­zei­tig den Flie­ger­alarm aus­lö­sen zu kön­nen.  Trotz mehr­fa­cher Auf­for­de­rung der Al­li­ier­ten an den In­sel­kom­man­dan­ten, Hel­go­land kampf­los zu über­ge­ben, wur­de die In­sel wei­ter­hin ve­he­ment ver­tei­digt und durch Bom­ben­an­grif­fe stark be­schä­digt.   Vie­le jun­ge Ma­ri­ne­hel­fer, Sol­da­ten und Hel­go­län­der ka­men da­bei ums Le­ben.  Die­ses woll­te eine Wi­der­stands­grup­pe aus Ma­ri­ne­an­ge­hö­ri­gen und Hel­go­län­dern ver­hin­dern, in­dem sie die Fest­nah­me des obe­ren Of­fi­ziers­korps plan­te, um selbst die kampf­lo­se Überg­a­be in die Hand neh­men und Hel­go­land an die Eng­län­der über­ge­ben zu kön­nen.  „Wir woll­ten dem Mor­den ein Ende be­rei­ten und Hel­go­land vor der völ­li­gen Zer­stö­rung ret­ten“, war ihre Pa­ro­le.   Ei­ner ih­rer An­füh­rer war der Hel­go­län­der

ERICH  P. J.  FRIEDRICHS  

Dies ist sei­ne Ge­schich­te:

Erich Fried­richs war ein lei­den­schaft­li­cher, in­tel­li­gen­ter Mann; ein Mann, der sei­ne Hei­mat Hel­go­land über al­les lieb­te und im Lau­fe sei­nes Le­bens viel für sie ris­kier­te. Am Ende be­zahl­te er da­für mit sei­nem Le­ben. Erich Fried­richs wur­de am 2. No­vem­ber 1890 auf Hel­go­land ge­bo­ren.  Drei Mo­na­te vor sei­ner Ge­burt war die In­sel wie­der in deut­schen Be­sitz über­ge­gan­gen, nach­dem sie 83 Jah­re lang un­ter bri­ti­scher Herr­schaft ge­stan­den hat­te.  Vie­le Hel­go­län­der spra­chen da­her gu­tes Eng­lisch, auch Erich Fried­richs. Die­se Kennt­nis­se wür­den ihm im Ers­ten und Zwei­ten Welt­krieg noch von Nut­zen sein. Schon mit 19 Jah­ren trat er im Ja­nu­ar 1910 in die Kai­ser­li­che Deut­sche Ma­ri­ne ein und blieb dort bis Juni 1912.  Als der Ers­te Welt­krieg aus­brach, war er schon von Be­ginn an wie­der bei der Ma­ri­ne und kam erst Ende März 1919 nach Hel­go­land zu­rück. Am 29. Ok­to­ber 1919 hei­ra­te­te er sei­ne gro­ße Lie­be, die Hel­go­län­de­rin Tina The­re­se Bartz, ge­nannt The.  Lan­ge hat­te er um sie ge­wor­ben, und als sie dann end­lich „ja“ sag­te, be­gann ihre glück­li­che Ehe. Von 1924 bis 1929 war er en­ga­gier­ter Ge­mein­de­ver­tre­ter und ver­tei­dig­te die al­ten Hel­go­län­der Rech­te und Tra­di­tio­nen, wo­für ihm un­ter an­de­rem Se­pa­ra­tis­mus vor­ge­wor­fen wur­de. Be­wusst sprach er so oft wie mög­lich sei­ne Hei­mat­spra­che Hel­go­län­disch. Ab 1925 war Hel­go­land  an der gro­ßen „Nord­see-Re­gat­ta“ be­tei­ligt. Dies war auch teil­wei­se ein Er­geb­nis von Erich Fried­richs’ klu­ger Vor­ar­beit als Vor­stand des Hel­go­län­der Re­gat­ta-Ko­mi­tees.  Die Nord­see-Wo­che mit ih­ren Se­gel­re­gat­ten rund um Hel­go­land er­freut sich noch heu­te gro­ßer Be­liebt­heit. Ihm ist es auch größ­ten­teils zu ver­dan­ken, dass das Werk des Hel­go­län­ders Ja­cob An­d­ree­sen Sie­mens ge­ehrt und ihm ein Denk­mal ge­setzt wur­de.  Hat­te Sie­mens doch mit der Grün­dung des See­ba­des Hel­go­land im Jahr 1826 der In­sel eine wirt­schaft­li­che Ba­sis ge­schaf­fen, die wei­ter aus­ge­baut wer­den konn­te und von der sie noch im­mer pro­fi­tiert. Zu­sam­men mit sei­nem Freund, dem Hel­go­län­der Kauf­mann Au­gust Kuch­lenz, und an­de­ren ge­hör­te er zum kon­ser­va­ti­ven Hel­go­län­der Hei­mat­bund. Die­ser Ver­ein gab von Ok­to­ber 1926 bis Mai 1933 das mo­nat­li­che Mit­tei­lungs­blatt „Hel­go­län­der Hei­mat­bund“ her­aus, das maß­geb­li­che In­sel­blatt. Nach der Macht­er­grei­fung der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten 1933 än­der­te sich de­ren Hal­tung zu den Hel­go­län­der Son­der­rech­ten ra­di­kal.  Die al­ten Ver­däch­ti­gun­gen, dass die Hel­go­län­der Staats­fein­de sei­en, wur­den von ih­nen wie­der auf­ge­nom­men. Fried­richs muss­te sei­ne of­fi­zi­el­len Ämter nie­der­le­gen und wur­de zur po­li­ti­schen Um­er­zie­hung in ein Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger auf dem Fest­land ge­schickt. Nach sei­ner Ent­las­sung wid­me­te er sich jah­re­lang haupt­säch­lich sei­nem Re­stau­rant, dem „Frie­sen­haus“ in der Schif­fer­stra­ße, das er mit sei­ner Frau The­re­se er­folg­reich führ­te.  Dort er­warb er sich auch den Ruf, der nüch­terns­te Wirt von Hel­go­land zu sein, denn er trank nur sel­ten ein­mal ei­nen Grog mit sei­nen Gäs­ten. Ihre ge­müt­li­che Woh­nung und ein klei­nes Büro la­gen im ers­ten Stock. Es er­gab sich des­halb oft ganz spon­tan, dass Freun­de und Gleich­ge­sinn­te, nach­dem sie un­ten ihr Bier oder ih­ren Grog ge­trun­ken hat­ten, ei­nen kur­zen Ab­ste­cher nach oben mach­ten, ohne dass es den üb­ri­gen Gäs­ten auf­fiel. Und so bil­de­te sich all­mäh­lich der zwei­te Kreis, der vol­ler Sor­ge das Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges und sei­ne Fol­gen für Hel­go­land be­ob­ach­te­te und sich ent­schloss zu han­deln. Man traf sich heim­lich bei Fried­richs und bei Dach­de­cker­meis­ter Ge­org Braun auf dem Ober­land. Ihr Ziel war es, Men­schen­le­ben zu ret­ten und die In­sel vor der völ­li­gen Zer­stö­rung zu be­wah­ren, in­dem man sie ohne Wi­der­stand den Al­li­ier­ten über­gab. Die­ser Plan miss­lang aber, weil er von zwei Mit­glie­dern der Grup­pe ver­ra­ten wur­de. Am frü­hen Mor­gen des 18. April 1945 wur­de Erich Fried­richs ver­haf­tet und in der dar­auf­fol­gen­den Nacht nach Cux­ha­ven über­führt. Hel­go­land wur­de noch am Mit­tag des 18. April und am Nach­mit­tag des 19. April von ca. tau­send al­li­ier­ten Bom­bern in eine un­be­wohn­ba­re Mond­land­schaft ver­wan­delt. Erich P.J. Fried­richs und 4 sei­ner Mit­strei­ter wur­den am 21. April abends in Cux­ha­ven-Sah­len­burg hin­ge­ri­chet.

Erich P.J. Friedrichs, Stolperstein: Lung Wai, am Rathaus, Helgoland, Verlegung 17.4.2010 (Foto M. Richters)

Zum Ge­den­ken an ERICH P.J. FRIEDRICHS wur­de am 17.April 2010 in der Haupt­stra­ße Lung Wai am Hel­go­län­der Rat­haus  ein STOL­PER­STEIN ver­legt.  

 

Autorin des Beitrags, copyright: Astrid FriederichsDas Buch „Wir wollten Helgoland retten – Auf den Spuren der Widerstandsgruppe von 1945“,  wurde im April 2010 vom Museum Helgoland herausgegeben (ISBN 987-3-00-030405-7), Kontakt: afrberlin@t-online.de

Quel­len: In­ter­view mit  G. Scheff­ler, Ham­burg, 5.12.2008 – Brief Fes­tungs­ge­richt Cux­ha­ven an Th. Fried­richs, 1.5.1945, Bun­des­ar­chiv  Frei­burg – Brief Th. Fried­richs an Ma­ri­ne-Ge­richt Auf­fang­stel­le, Flens­burg-Mür­wik,  27.2.1946, Bun­des­ar­chiv Frei­burg

Veröffentlicht von Astrid Friederichs am

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