Wilhelm Vollstedt (1888-1942) – von den Nazis verfolgt und in der Haft umgekommen

Stolperstein W. Vollstedt (Foto: E. Vogt 2019)
10. Februar 1938
Katharinenstraße 7, Uetersen

Angeklagter im … (Geschäftsnummer …), Verurteilung am 10.02.1938 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 3 Jahren Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust. Verlegung des 3. Stolpersteines in Uetersen am 02.03.2012.

 

WILHELM VOLLSTEDT (1888–1942)

Wilhelm Vollstedt war ein Uetersener, der sich den Nazis entgegen stellte. Er hatte das Elend des Ersten Weltkriegs als Soldat miterlebt und danach in Uetersen als Ziegelbrenner und Schlosser gearbeitet. Er war der KPD beigetreten, wirkte in antifaschistischen Gruppen mit und wurde nach 1933 Opfer der Verfolgung Andersdenkender durch die Nationalsozialisten. In einem Nachfolgeverfahren zum „Offenborn-Prozess“1 gegen 128 Personen aus Elmshorn und Umgebung wurde Wilhelm Vollstedt 1937 zu drei Jahren Haft verurteilt. 1942 starb er im Konzentrationslager Neuengamme.

Wilhelm Vollstedt wurde am 28. März 1888 in Uetersen als Sohn von  Hans Hinrich Vollstedt und Margaretha Vollstedt, geb. Muhl, geboren; der Vater war Arbeiter. Bei seiner Geburt wohnten die Eltern am Mühlenteich.2 Er wuchs mit jüngeren Geschwistern in Uetersen und in Moorrege auf. Dort besuchte er die Volksschule.

Mit 18 Jahren trat Wilhelm Vollstedt für zwei Jahre den 16. Husaren, einem Deutschen Kavallerieregiment, in Schleswig-Holstein bei. Im Ersten Weltkrieg war er am verschiedenen Orten eingesetzt.

Am 13. November 1920 hat Wilhelm Vollstedt in Uetersen die Witwe Elsa Wilhelmine Schütt, geb. Klotz, geheiratet, die 1887 in Herzhorn geboren wurde. Zu diesem Zeitpunkt wohnte er im Sandweg 14; anschließend wohnten sie gemeinsam im Tornescher Weg 119 und hatten später noch drei weitere Wohnadressen. Seine Frau starb bereits am 02.09.1927 in Uetersen; sie hatten keine gemeinsamen Kinder. Nach dem Tod seiner Frau hatte Wilhelm Vollstedt noch zwei weitere Wohnadressen, zuletzt seit September 1934 in der Katharinenstraße 7.3

Nach Angaben seines Bruders Karl war er in den Jahren 1920-30 bei der Firma Falkental in Uetersen als Lederarbeiter tätig. Bis zu seiner Verhaftung arbeitete er als Ziegelbrenner in der Ziegelbrennerei von Schinkel in Uetersen4. Als diese jedoch pleiteging, suchte er sich eine Arbeit als Schlosser.

Wilhelm Vollstedt trat im Jahre 1922 der KPD bei, wo er ab 1929 als Hilfskassierer arbeitete. Bei der Gemeindevertreter-Wahl 1929 war er Listenkandidat seiner Partei (Platz 16 von 18 Bewerbern). Von 1924 bis 1932 war er Mitglied des „Kampfbundes gegen Faschismus“ und der „Antifa“. Diese beiden Gruppen kämpften gegen die Propaganda der Nationalsozialisten und den aufkommenden Faschismus. In den Jahren 1933 bis 1935 betätigte sich Wilhelm Vollstedt in der KPD als Verteiler von kommunistischen Zeitungen.

Wilhelm Vollstedt wurde am 27. Mai 1937, vier Jahre nach Beginn des NS-Regimes, in Uetersen festgenommen. Zwei Tage später wurde er in Neumünster in Untersuchungshaft genommen.

In einem Nachfolgeverfahren zum „Offenborn-Prozess“ wurde Wilhelm Vollstedt am 10. Februar 1938 vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Neumünster wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt5.

Nach Verbüßung der Zuchthausstrafe wurde er der Schutzhaft zugeführt6, d.h. in das Konzentrationslager Hamburg-Neuengamme deportiert.

Dort starb Wilhelm Vollstedt am 11. Februar 1942.

Aufgeschrieben von Niklas Ziehm, Yannic Krass, Sebastian Franke und Timm Dosse mit Unterstützung der Geschichtswerkstatt im Februar 2012.

 

1Nach Johannes Offenborn aus Elmshorn benannt, der mit anderen im ersten Prozess am 13.12.1935 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einer langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt wurde.

2Vgl. Geburtseintrag Standesamt Uetersen Nr. 58/1888

3Vgl. Heiratseintrag Standesamt Uetersen Nr. 85/1920 sowie Einwohnermeldekartei Uetersen, Meldekarte von Wilhelm Vollstedt, die auch Schwärzungen aufweist.

4Vgl. Brief des Bruders Karl Vollstedt vom 02.11.1957 an das Landesentschädigungsamt S-H, Landesarchiv S-H Abt. 761, Nr. 15 358.

5Vgl. Brief des Bruders Karl Vollstedt vom 11.08.1957 an das Landesentschädigungsamt S-H, Landesarchiv S-H Abt. 761, Nr. 15 358.

6Vgl. ebda.

Veröffentlicht von Erhard Vogt am

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