Gedenktafel für den ermordeten KZ-Häftling Josef Tichy

Gedenktafel für Josef Tichy, Kisdorf 2020 (Foto: Simone Kühl)
12. April 1945
Kisdorf-Feld 9, Kisdorf

Der Todesmarsch aus dem Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel (Kola-Fu) ins Arbeitserziehungslager Nordmark in Kiel-Hassee im April 1945 ist immer noch ein dunkles Kapitel deutscher und schleswig-holsteinischer Geschichte.

Mitten durch die Ortschaften und auf den Landstraßen Schleswig-Holsteins wurden wenige Tage vor Ende des 2. Weltkrieges vom 12. – 15. April 1945 ca. 800 Häftlinge von SS-Leuten von Hamburg nach Kiel getrieben. Die Inhaftierten, Juden, Oppositionelle, sogenannte Asoziale und andere, sollten nicht den heranrückenden Alliierten als Zeugen in die Hände fallen. Auf dem Marsch von einem Ort des Grauens zum anderen sind mehrere Häftlinge vor Hunger und Erschöpfung zusammengebrochen und von SS-Leuten erschossen worden.

In Kisdorf-Feld wurde am 12.4. 1945 der tschechische Gefangene Josef Tichy erschossen und im Straßengraben verscharrt. Auf Anordnung der britischen Besatzung in Kisdorf musste er später wieder ausgegraben und auf dem Kaltenkirchener Friedhof beerdigt werden. Dort ist heute noch sein Grabstein zu finden.

Am 13. Juni 2019 wurde in Erinnerung an das Verbrechen an dem damaligen Tatort Kisdor-Feld eine Gedenktafel enthüllt.

aus der Pressemitteilung von Annika Krümmel,
Bildungsreferentin des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes e.V.

 

Josef Tichý wurde am 16. Januar 1894 in der böhmischen Kleinstadt Lochnitz/Lochenice in der damaligen österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie geboren. Er arbeitete nach der Ausbildung auf einer Handelsakademie als Buchhalter und wurde im Ersten Weltkrieg zum Kriegsdienst eingezogen. Anschließend war er in der neu entstandenen Tschechoslowakei wieder als Buchhalter tätig. Nach der Besetzung der Tschechei durch die Deutsche Wehrmacht wurde Tichý verhaftet. Vorausgegangen war eine Hausdurchsuchung. Die hierbei aufgefundenen Stichwaffen sowie ein Kurzwellenvorsatzgerät mit dem verbotene ausländische Radiosender abgehört werden könnten, führte am 10. Mai 1944 zu seiner Festnahme durch die Gestapo und am 11. Oktober 1944 zu einer Verurteilung zu einer sechsjährigen Zuchthausstrafe durch das Sondergericht Prag. Die Strafe verbrachte er in verschiedenen Zuchthäusern: Von Prag wurde er nach Bernau in Oberbayern verlegt, von hier aus in das Zuchthaus Gollnow im heutigen Polen und am 12. Februar 1945 schließlich in das Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbüttel. Auf dem Todesmarsch von Hamburg nach Kiel war er das erste Opfer.Vermutlich war es sein körperlicher Verfall, die einen SS-Mann veranlasste, ihn zu erschiessen und vor Ort verscharren zu lassen. Dieses Verbrechen ist nie juristisch aufgearbeitet worden. [1]

 

Die Gedenktafel enthält folgende Aufschrift:
Im April 1945 wurden ca. 800 Gefangene von SS-Mannschaften aus dem Gestapogefängnis ‚Kilafu‘ in Hamburg-Fuhlsbüttel in das ‚Arbeitserziehungslager Nordmark‘ in Kiel-Hassee getrieben. Mindestens neun Menschen wurden ermordet.
Auf dem Marsch wurde hier am 12. April 1945 der tschechische Gefangene Josef Tichý erschossen. Eine Zeitzeugin berichtete, dass der Tote mit Fußtritten in den Straßengraben getreten wurde. Der Tote ist auf dem Friedhof in Kaltenkirchen beigesetzt.

Veröffentlicht von Jörg Penning am

Ein Hinweis zu “Gedenktafel für den ermordeten KZ-Häftling Josef Tichy”

  1. Stefan Völschow sagt:

    Gibt es weitere Opfer aus Kisdorf?

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