Erika Rohde war Mitglied der Widerstandsgruppe KdF (Kampf dem Faschismus). Diese vor allem in Hamburg aktive Gruppe war aus einem losen Freundeskreis hervorgegangen, wie Gertrud Meyer beschreibt: „Ihm gehörten an: Unternehmer, Arbeiter, selbständige Handwerker und Kleingewerbetreibende, Verwaltungsmänner in Industrie und Behörden, Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Buchhändler u.a.“ Die Gruppe unterhielt Verbindungen zu anderen Widerstandsgruppen, darunter dem tschechischen und polnischen Widerstand, der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe und dem Nationalkomitee Freies Deutschland. Die Gruppe hatte gegen Kriegsende geplant, die Alliierten zu unterstützen und Gefangene des KZ Neuengamme zu befreien.
Zu dieser Gruppe gehörte auch Erika Rohde, die 1945 in Pinneberg gewohnt hatte. Sie war die Verlobte von Walter Förtsch, ebenfalls Mitglied dieser Widerstandsgruppe. Nach dem Misslingen des Attentats vom 20. Juli 1944 kam es zu zahlreichen Verhaftungswellen durch die Gestapo. Dabei setzte die Gestapo auch V-Leute ein, wie den nach schweren Misshandlungen zur Kooperation bereiten Kommunisten Alfons Pannek, ein Mitarbeiter Henry Helms. Alfons Pannek trieb viele seiner ehemaligen Weggefährten in die Hände der Gestapo.
Die Gestapo vermutete, dass aus der Wohnung Erika Rohdes heraus Funkverbindungen zu den Alliierten und Widerstandsgruppen hergestellt worden waren. Erika Rohde wurde verhaftet, kam ins KZ Fuhlsbüttel, anschließend in das einem KZ ähnelnden Arbeitserziehungslager Kiel-Hasse. 13 Frauen und Männer ihrer Widerstandsgruppe wurden im April 1945 im KZ Neuengamme ermordet.
Erika Rohde überlebte und trat im Zuge der Ermittlungen gegen die Hamburger Gestapo, darunter gegen den Halstenbeker Henry Helms und seinem V-Mann Alfons Pannek, als Zeugin auf. Sie bestätigte unter anderem auch eine Hausdurchsuchung der Hamburger Gestapo in ihrer Pinneberger Wohnung am 7. und 8.4.1945, wobei ihr zahlreiche Gegenstände, wie ein „Volksempfänger“, eine Schreibmaschine und ein Fotoapparat, entwendet wurden. Sie gab ferner zu Protokoll: „Helms hat offenbar angenommen, dass aus meiner Wohnung illegal gesendet wurde. Meinem Hauswirt, Herrn v. Ahlen, gegenüber hat Helms behauptet, dass es sich bei dem in meiner Wohnung eingerichteten Laboratorium der Algorite G.m.b.H. Hamburg um eine Tarnung handle, in Wirklichkeit sei es eine Spionage-Zentrale. Helms fügte hinzu, dass, falls nicht von Hamburg aus, so doch von Pinneberg aus gesendet worden ist. Auf Befragen bezüglich meiner Wohnung erwiderte Helms, dass Herr v. Ahlen schon sehen müsse, wie er damit zurechtkäme, da die Rohde nicht wiederkäme.“ Kurz nach der Hausdurchsuchung musste Erike Rohde ihre Wohnung in Pinneberg räumen. Sie engagierte sich nach dem Ende des Terrorregimes im Komitee ehemaliger politischer Gefangener.
Quelle:
Staatsarchiv Hamburg, 213-11_02694-56_Band 3
Ursel Hochmuth/Gertrud Meyer, Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand 1933-1945, Frankfurt/M 1969, S. 449ff
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beschäftige mich mit dem Evakuierungsmarsch (Todesmarsch) aus demKZ-Fuhlsbüttel ins AEL-Nordmark im April 1945, besonders mit den Marschteilnehmern. Uwe Fentsahm erwähnt in seinem Aufsatz Walte Förtsch. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir mitteilen könnten ob auch Erika Rohde an dem Marsch teilgenommen hat und ob es von ihr Aussagen, Erinnerungen darüber gibt.
Mit freundlichen Grüßen Heinrich Kautzky
Lieber Herr Kautzky,
Erike Rohde und Walter Förtsch sind nach Angaben von Gertrud Meyer gemeinsam auf einen Todesmarsch nach Kiel-Hasse geschickt worden. In ‚Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand‘ heißt es auf S. 461f “Sämtliche Verhaftete der KdF-Gruppe befanden sich in der Gestapo-Haftanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel. … Von diesen sollten Bornbusch, Breckenfelder, Dammann, Eggers, Förtsch, Krause, Mau, Raetsch, Rönforth, Erika Rohde sowie die männlichen Zwangsarbeiter in absehbarer Zeit durch den Volksgerichtshof abgeurteilt werden. Einschließlich des unter dem Namen Schüler geführten Carl Schultz traten sie am 12. April 1945 aus der Gestapohaftanstalt Fuhlsbüttel mit einer großen Gruppe anderer Häftlinge zu Fuß den Evakuierungsmarsch in das Auffanglager Kiel-Hassee an. Viele Häftlinge sind unterwegs an Erschöpfung gestorben oder von der SS erschossen worden.“
Erika Rohde gibt in ihrer Zeugenaussage 1947 einige wenige Hinweise auf ihre Beziehung zu Walter Förtsch: „Nach meiner Rückkehr aus dem Konzentrationslager Kiel Hasse habe ich festgestellt, dass Helms folgende Sachen aus meiner Wohnung entwendet hat: 1 Telefunken Radioapparat Type Markstein, 1 Volksempfänger ( der Firma Algorite GmbH Hamburg 13 gehörend), 1 Reiseschreibmaschine (Marke Royal, dem Geschäftsführer der Algorite GmbH Walter Förtsch gehörend), 1 Fotoapparat Marke Kodak, ca. 30 Bücher …“ es folgen weitere Gegenstände , vor allem Bekleidung. Sie führt des Weiteres aus: „Wie mir bei meiner Verhaftung eine Schreibhilfe im Gestapo-Gebäude auf mein Befragen sagte, hat Helms meinen Telefunken Radioapparat in das Gestapo-Gebäude gebracht. Den Volksempfänger, der Firma Algorite gehörend, habe ich selbst in dem Zimmer, in welchem ein Gestapo-Mann mit Namen Warncke saß, gesehen.“ (Staatsarchiv Hamburg 213-11 2694-56 Band 3 Ermittlungsakten gegen Henry Helms u.a.)
Möglich, dass in den Ermittlungsakten noch weitere Hinweise zu finden sind. Aussagen Erika Rohdes über den Todesmarsch sind mir bisher nicht bekannt.