Cornel Ferder Ingus wurde am 25.10.1888 in Wien/Österreich geboren [1]. Seine Eltern waren vom jüdischen Glauben zum Christentum konvertiert.
Cornel Ingus arbeitete als Bankangestellter. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Offizier. In Pinneberg wohnte er mit seiner Ehefrau am Damm 23. Durch die Rassengesetze der Nazis wurde diese Ehe als Mischehe angesehen, da Cornel Ingus „jüdisches Blut“ hatte. 1943 wurde die Ehe aufgehoben [2]. Es ist zurzeit unklar, welchem Druck die Familie ausgesetzt war, damit die Ehe aufgehoben wurde. Im ganzen Reich gab es in dieser Zeit große Bemühungen durch den NS-Staat „Mischehen“ aufzulösen. Mit der Aufhebung der Ehe verloren die „jüdischen“ Eheleute einen gewissen Schutz und wurde dann meistens in Konzentrationslager verschleppt.
So geschah es auch mit Cornel Ingus. Wenige Tage vor der offiziellen Aufhebung der Ehe wurde er am 24.04.1943 in Pinneberg abgemeldet. Er musste in ein „Judenhaus“ (Beneckenstraße 2) in Hamburg ziehen. Am 5. Mai 1943 wurde er mit fünfzig weiteren Menschen vom Hannoverschen Bahnhof (ehemaliger Kopfbahnhof südlich vom Hamburger Hauptbahnhof) in das KZ Theresienstadt verschleppt. In den Namenstafeln bei der historischen Gleisanlage am „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ ist der Name von Cornel Ingus zur Erinnerung erfasst [3].
Knapp eineinhalb Jahre später wurde er am 28.10.1944 in das KZ Auschwitz deportiert [4]. Am 8.05.1945 wurde er für tot erklärt [5]. Es gibt kaum Erinnerungen an ihn und sein Schicksal. Die einzige umfassendere, öffentliche Erinnerung in Pinneberg ist ein ergreifender Leserbrief mit dem Titel „Stück deutscher Vergangenheit“ von Pastor Detleffsen im Pinneberger Tageblatt vom 7. Januar 1994, den dieser anlässlich des Abrisses des Wohnhauses (Damm 23 ) der Familie Ingus verfasste:
„Ein venezianischer Palazzo am Damm“, im Tageblatt vom 28.12. ’93
Die Geschichte von Grundstück und Haus Damm 23 offenbart nicht nur ein Stück Pinneberger, sondern auch deutscher Vergangenheit. Bis zum Abbruch des Hauses war an der Tür des Vorbaus das Namensschild „Cornel Ingus“ lesen. Das war wie eine letzte Erinnerung an diesen Mann. Denn einen Grabstein mit seinem Namen gibt es nicht. Vor jetzt ziemlich genau 50 Jahren hat man diesen angesehenen Pinneberger Bürger, deutschen Offizier des Ersten Weltkrieges, Mitglied der evangelischen Kirche nach Auschwitz verschleppt. Man hatte ihm das Lebensrecht abgesprochen, weil es deutschen Bürgern und Christen nicht zuzumuten war, mit einem der Ihren zusammenzuleben, dessen Eltern ein halbes Jahrhundert zuvor als gebürtige Juden den christlichen Glauben angenommen hatten.
Es erscheint mir in diesem Zusammenhang erwähnenswert, daß sich in der Christuskirche, zu deren Gemeinde die Familie Ingus gehörte, seit ihrem fast hundertjährigen Bestehen im Eingangsraum ein Fenster mit einem gelben Davidstern befindet. Damit sollte seinerzeit wohl die Verbindung von Judentum und Christentum, vom sogenannten „Alten“ und „Neuen“ Testament, von Israel und Kirche symbolisiert werden. Was der Stern Davids und das Kreuz Jesu miteinander zu tun haben – darüber lohnt es sich auch heute nachzudenken.
Christian Dethleffsen“