Carl und Henny Just

Proletarischer Schulkampf, Pinneberger Tageblatt 17.07.1930
2. März 1933
Quickborn

In der Nähe des Elsensees, hinter dem einstigen Ölwerk, wohnte Henny und Carl Just.[1] Carl Just, geb. 1874 in der Nähe von Stettin, war von Beruf Böttcher und zog 1921 von Hamburg nach Quickborn.[2] Mit seiner 1896 in Hannover geborenen Frau Henny hatte er vier Kinder.[3] Er war ein sehr politischer Mensch und trat bereits 1892, mit ungefähr 18 Jahren, in die SPD und den gewerkschaftlichen Nahrungs-Getränke-Verband ein. In der Zeit der Weimarer Republik wechselte er von der Sozialdemokratie in die kommunistische Arbeiterbewegung: 1924 trat er der KPD bei und gründete in Quickborn eine Ortsgruppe des Roten Frontkämpferbundes (RFB), deren Vorsitzender er zeitweise war. Zudem war er Mitglied in der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH) sowie der Roten Hilfe Deutschland und örtlicher Kassierer der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO).[4] 1930 stellte er sich zu den Elternbeiratswahlen für die Liste „Proletarischer Schulkampf“ auf[5] und kandidierte 1931 zu den Gemeindevertreterwahlen.[6] Vor Ort wirkte er zudem in der Volksküchenkommission mit.[7] Wegen seiner Beteiligung an der „Schweineversteigerungsrevolte“ am 18. Januar 1932 (siehe Quelle) wurde er zunächst wegen versuchter Gefangenenbefreiung und Aufruhr zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt,[8] dann aber im Revisionsverfahren vor dem Reichsgericht mit anderen Angeklagten freigesprochen.[9] Auch seine Frau Henny engagierte sich politisch. Sie kandidierte noch im März 1933 für die KPD zur Gemeindevertreterwahl auf dem Listenplatz 4.[10]

Wegen seiner vielen politischen Funktionen war er vor den Quickborner Nationalsozialisten nicht sicher und floh nach der Machtübernahme 1933 nach Hamburg. Hier wurde er Anfang März 1933 von der nationalsozialistisch durchsetzten Polizei aufgegriffen, die ihn zunächst zum „Verhör“ ins berüchtigte Stadthaus, der Hamburger Polizeibehörde, brachte. Über seine Erlebnisse hier berichtete er: „Gleich wie sie mich holten, bekam ich den Gummiknüppel zu spüren. In den Gebäuden der Gestapo[11] oben unterm Dach hatten sie unseren Widerstandskämpfer auf dem Tisch liegen. Einer lag am Boden besinnungslos. Mit einem Eimer Wasser wurde er wieder auf die Beine gebracht. Mit den Worten: ‚Dir roter Hund geht es genauso, wenn Du uns nicht sofort über die Leitung u. Arbeit der K.P.D. Quickborn aufklärst‘, als deren Funktionär ich der Gestapo bekannt war. Meine Antwort war: ‚Ich kann nichts verraten.‘ Los gings. Später führten sie mich wieder runter, über einen großen Hof zum Stadthaus. Ich sollte 30 Schritt vorausgehen. Ich antwortete: ‚Ihr seid wohl verrückt, bringt mich hin, wo ich hin soll, auf der Flucht sollt ihr mich nicht erschießen.‘“ Und weiter: „Meine Gamaschen hatten sich gelöst. Beim Festmachen mußte ich mich bücken. Ein Gestapo-Held sah dieses, sofort kam er auf mich zu und mit dem Fuß trat er mich, daß die vorderen Zähne gleich lose waren. Kurze Zeit später sollte ich das Horst-Wessel-Lied singen. Als ich mich weigerte, bekam ich Prügel, beim Fallen wurde ich dann wieder mit dem Fuß bearbeitet, diesmal bekam ich den Absatz zu spüren. Was da alles mit mir geschehen war, weiß ich nicht. Beim Erwachen war ich naß. Wahrscheinlich auch mit Wasser bearbeitet. [12]
Nach zwei Tagen Haft im Stadthaus wurde Carl Just in das Hamburger Untersuchungsgefängnis gebracht und von hier aus einen Monat später in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel (Kola-Fu), wo ihn die Nationalsozialisten wiederholt misshandelten. Nach einer Haftdauer von insgesamt 4 1/2 Monaten wurde Carl Just am 16. Juli 1933 mit ausgeschlagenen Zähnen und einem Gehörsschaden entlassen.[13] Gegenüber dem Komitee ehemaliger politischer Verfolgter gab er 1946 an, in der NS-Zeit in Quickborn flüchtigen Genossen Unterschlupf gewährt zu haben.[14] 1939 verzogen Carl und Henny Just nach Hamburg-Altona. Carl Just verstarb 1955 mit 81 Jahren in Hamburg.[15]

Veröffentlicht von Jörg Penning am

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