Stolpersteine für Maria Wojciechowska und Stanislawa Lewandowska

Stolpersteine für zwei Zwangsarbeiterinnen (Bild: Adrian Planer)
Kundgebung am 10. April 2025 (Bild: Adrian Planer)
Schülerinnen bei der Verlegung (Bild: AG Stolpersteine Barmstedt)
Meierei Barmstedt ehemals Zeigmeister (Bild: Adrian Planer)
10. April 2025
Gebrüderstraße 10, Barmstedt

Maria Wojciechowska und Stanislawa Lewandowska, zwei polnische Frauen, die für immer ihren Platz in Barmstedt haben werden. Am 10. April 2025 wurden in der Gebrüderstraße von der Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine zwei Gedenksteine für die Frauen verlegt. Die beiden repräsentieren die Zwangsarbeiter, die in der Blechdosenfabrik Zeigmeister (später Züchner) während des Zweiten Weltkrieges arbeiten mussten.

An der Verlegung der Stolpersteine nahmen fast 80 Personen teil, darunter viele Schülerinnen und Schüler des Carl-Friedrich-von-Weizcäcker Gymnasiums. Sie hatten zuvor mit der Arbeitsgemeinschaft einen Themenabend in der vollbesetzten Pausenhalle (170 Schülerinnen und Schüler nahmen daran teil) ihrer Schule veranstaltet. Unter Beteiligung von Schulleitung und Bürgermeisterin führten die 10. Klassen einen Teil eines  Theaterstückes zu diesem Kapitel der Ortsgeschichte auf, dass im Juni in voller Länge auf einer Veranstaltung zu sehen sein wird. Zu finden sind die Gedenksteine bei der ehemaligen Einfahrt der Fabrik in Höhe der evangelischen Kindertagesstätte. Mit den beiden Mahnmalen gibt es nun neun Stolpersteine, die an die Zeit des Faschismus und an die damalige Zwangsarbeit in der Stadt erinnern.

„In der Stadt gab es von 1940 bis 1945 mehr als 500 Zwangsarbeiter“, so Helmut Welk von der Arbeitsgemeinschaft. Die meisten kamen aus Polen und der Sowjetunion, aber auch aus anderen Ländern, die die deutsche Wehrmacht überfiel. Er berichtete von den unmenschlichen und miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen und von den Zwangsmaßnahmen, die es damals gab. Bei der Rekrutierung wurden sie von Straße verhaftet und verschleppt. Helmut Welk: „Für die Unternehmen waren die Arbeiter lukrativ, sie mussten nur Leihgebühren für sie bezahlen. Mehrere Lager waren dafür mitten in der Stadt errichtet worden. Jeder konnte sie sehen, vor allem wenn sie zur Arbeit getrieben wurden. Nach Kriegsende wollten aber niemand von Zwangsarbeitern gewusst haben.“

Die beiden Frauen, an die die Stolpersteine erinnern, kamen jeweils nach 1940 nach Barmstedt. Stanislawa Lewandowska war da gerade einmal 16 Jahre alt, Maria Wojciechowska 25 Jahre alt. „Sie wurden zwangsrekrutiert und waren ahnunglos“, berichtete Lucian Bucke. Die Bedingungen waren hart gewesen, davon zeugte nicht nur die Einlieferung von Stanislawa Lewandowska am 12. Juli 1941 ins Barmstedter Krankenhaus: „Am selben Tag starb sie dort an einer Mandelentzündung und Herzschwäche mit 17 Jahren und vier Monaten“, so Christian Bucke.

Über Maria Wojciechowska gibt es eine Reihe von Akteneintragungen. Sie war im Juli 1942 in ein Heim für Pflege nach Hamburg gebracht und daraufhin in ein psychatrisches Krankenhaus nach Wien verlegt worden. 1944 unternahm sie zwei Fluchtversuche. Dabei wehrte sie sich bei ihrer Festnahme mit der Begründung, dass sie sich gesund fühle und arbeiten möchte. Zu ihrem Tod am 1. Januar 1945 findet sich dann in Ihrer Akte die Diagnose „Geistesgestörtheit“.

Die Verlegung möchte die Arbeitsgemeinschaft dafür nutzen, um zu verdeutlichen, dass die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ebenso kräftezehrend war, zumindest eine materielle Entschädigung hat es nicht gegeben. „Erst 55 Jahre später, im Jahr 2000, war die deutsche Politik und Wirtschaft bereit, Entschädigungen zu leisten und die Arbeiter als Opfer anzuerkennen“, stellte Thomas Köck fest. Allerdings auch erst nach großem Druck aus dem Ausland, besonders aus den USA. 5,2 Milliarden Euro stellten Unternehmen und Regierung dann in einer Stiftung zur Verfügung, im Gegensatz zu den erwirtschafteten 90 Milliarden durch den Zwangsarbeitereinsatz. Der Firmenchef von Zeigmeister baute sich  später eine Villa am Rantzauer See.

Alle Redner, auch Barmstedts Bürgervorsteher Ortwin Schmidt in seinem Grußwort, appellierten, dass das, was den Frauen widerfahren ist, nie wieder vorkommen darf und wollen mit Gedenken an die beiden ein Zeichen setzen, auch unter dem Motto: „Gegen das Vergessen.“

(Barmstedter Zeitung vom 11.04.2025 „Barmstedt setzt zwei Zeichen“)

Veröffentlicht von Rudi Arendt am

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