Stolpersteine in Elmshorn: Erich Krämer

Erich Krämer
Stolperstein Erich Krämer (Foto: Birgit Hamborg StAE)
Erich Krämer Datum unbekannt. Bild Frank Ramson
Erich Krämer und Ernst Krämer. Bild: Frank Ramson
16. Juli 1942
Peterstraße 4, Elmshorn

Erich Krämer – Biografisches über einen Kommunisten und Widerstandskämpfer gegen die faschistische Diktatur

von Heinz Stehr

Am 16. Juli 1942 erhielt die Familie Erich Krämers dessen Totenschein. Als Todesursache wurde vom behandelnden Arzt, einem SS Untersturmführer, eine Allgemeininfektion angegeben.
14 Tage nach seiner Einweisung in das KZ Sachsenhausen, Sonderkommando Klinkerwerk, war der Leidensweg des Widerstandskämpfers aus Elmshorn brutal beendet worden.
In den Totenscheinen der KZ – Mörder wurden die tatsächlichen Todesursachen, nämlich Mord, natürlich nicht angegeben. So war es auch in diesem Fall. Vernichtung der politischen Gegner durch Sklavenarbeit, Erschlagen, Erschießen und andere Mordtaten war das Ziel der Einrichtung von Konzentrationslagern.

Erich Krämer wurde 42 Jahre alt. In seinen letzten 10 Lebensjahren musste er mehrere Jahre in Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern verbringen.

Der Friseur, Arbeiter in der Lederfabrik Metzger und später Schlosser auf der Elmshorner Krämer- werft wird im Buch von Alfred Rasmussen „Elmshorner Arbeiterinnen und Arbeiter im politischen Widerstand“ als ein „eher unauffälliges Mitglied der KPD“ beschrieben. Er war Unterkassierer und spielte in der Elmshorner Schalmeienkapelle.

Nach dem, was bekannt ist, muss er ein überzeugter mutiger Antifaschist gewesen sein.
Am 24. Juli 1932 stellte er sich mit Gleichgesinnten den Nazis entgegen, die in der Ollnstraße, einer kommunistischen Hochburg, Wahlpropaganda betreiben wollten. 14 SS – Männer betätigten sich als Provokateure. Es kam zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung, und die Kommunisten vertrieben die Nazis. Bekannte Kommunisten, unter ihnen Erich Krämer, wurden verhaftet. Nach den vorliegenden Quellen wurde er nicht verurteilt.

Noch vor der Machtübertragung Hindenburgs auf Hitler und die NSDAP gab es Verfolgungen von Antifaschisten. In den Akten des Elmshorner Stadtarchivs ist dokumentiert, dass die Polizei bereits 1923 Listen erstellte, auf denen alle in Elmshorn bekannten Kommunisten mit Namen und Wohnsitz erfasst waren. Das ermöglichte den Nazis nach dem 30. Januar 1933 in einer gezielten Blitzaktion viele Gegner zu verhaften und dann zu foltern oder zu ermorden.

Kulturvereine, Sportvereine, Orchester wie die Schalmeienkapelle Elmshorn wurden verboten, ihres Eigentums beraubt, ihre Mitglieder verfolgt.

Die EN vom 27.3.1933 teilen mit: „Die Instrumente der kommunistischen Schalmeienkapelle beschlagnahmt.“ Es ist zu vermuten, dass auch Erich Krämer zu denen gehörte, über die es in dem Bericht heißt: „Die Elmshorner Polizei fuhr heute Nachmittag mit mit mehreren Autos zu den Mitgliedern der kommunistischen Schalmeienkapelle, um ihre Instrumente zu beschlagnahmen.“

Ende 1934 begannen, ausgehend von Vorwürfen, die von der Hamburger Gestapo gegen Kommunisten erhoben wurden, Massenverhaftungen auch im Kreis Pinneberg und besonders in Elmshorn „wegen Vorbereitung zum Hochverrat resp. sonstiger polit. Umtriebe“ (Verwaltungsbericht der Elmshorner Exekutiv – Polizei vom 1. Juli 1935).

Angeklagt waren in dem Prozess „Offenborn und Genossen“ 286 Personen aus dem Kreis Pinneberg. Einige wenige wurden freigesprochen, zwei Verfahren wurden eingestellt. Insgesamt wurden Strafen von 661 Jahren und 9 Monaten Zuchthaus und 40 Jahre und 3 Monate Gefängnis für 261 Angeklagte verhängt. Unter den Verurteilten waren 17 Frauen. Alle mussten die Strafe oft auch in Konzentrationslagern verbringen. Sie wurden gefoltert, erniedrigt oder wie der KPD Reichstagsabgeordnete Reinhold Jürgensen erschlagen.

Am 3. April 1936 war in den EN unter der Überschrift „Weitere Teilurteile im Elmshorner Kommunistenprozess“ zu lesen, dass auch Erich Krämer zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Angeklagt war er wegen „Vorbereitung einer hochverräterischen Unternehmens“.

Die hohe Zahl der Angeklagten zeigt auch, wie organisiert und wirkungsvoll dieser antifaschistische Widerstand war. Im Buch „Die Freiheit lebt“ (Fritz Bringmann und Herbert Diercks) sind viele Formen dieses Kampfes dokumentiert.

Erich Krämer gehörte zu jenen, die zwischen 1937 und 1939 unter strengen Auflagen z.B. der Meldepflicht aus KZs und Zuchthäusern entlassen wurden.

Stationen seines Martyriums waren die Konzentrationslager Fuhlsbüttel und Esterwegen und das Zuchthaus Rendsburg.
Laut Zeugnis seines Sohnes wurde Erich Krämer erneut verhaftet, weil er sich von dem menschenverachtenden Wirken der SS öffentlich distanzierte. Ein Sondergericht verurteilte ihn am 18. März 1942 nach dem „Heimtückegesetz“ zu 10 Monaten Gefängnis in der Haftanstalt Neumünster. Von dort wurde er als sogenannter Schutzhäftling unter der Nummer 0439 13 in das KZ Sachsenhausen gebracht. Er musste im berüchtigten „Sonderkommando Klinkerwerk“ Sklavenarbeit leisten.

Am 16.7.1942 war sein Leidensweg beendet, der Elmshorner Widerstandskämpfer wurde ermordet.

Sein Andenken mit einem Stolperstein wach zu halten ist eine Verpflichtung:
Auch heute muss jederzeit antifaschistischer Widerstand gelebt werden!

 

Pate für den Stolperstein für Erich Krämer ist die Gruppe der DKP Elmshorn

Inschrift:

HIER WOHNTE

ERICH KRÄMER

JG. 1900

IM WIDERSTAND

MEHRMALS VERHAFTET
ZULETZT 1942

SACHSENHAUSEN

ERMORDET 16.7.1942

 

Literatur: Bringmann, Fritz; Diercks, Herbert: Die Freiheit lebt. Antifaschistischer Widerstand und Naziterror in Elmshorn und Umgebung 1933-1945. Frankfurt/.M 1983
Rasmussen, Alfred: Elmshorner Arbeiter und Arbeiterinnen im politischen Widerstand 1914-1935. Beiträge zur Elmshorner Geschichte. Elmshorn 2011

 

Veröffentlicht von Rudi Arendt am

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