Von der NS-„Eu­tha­na­sie“ zum Fach­arzt in Ue­ter­sen: der Me­di­zi­ner Dr. Kurt Borm (1909-2001)

Molt­ke­stra­ße 22, Ue­ter­sen

An diesem Ort erfährt man etwas über das Unrecht, das in der Nazi-Zeit geschah.

Hier wohnte nach dem Krieg ein Arzt, der in der Nazi-Zeit an der Tötung von psychisch kranken, geistig und körperlich behinderten Menschen beteiligt war. Er war von 1945 bis 1962 im (städtischen) Krankenhaus beschäftigt.

In den Beerdigungsregistern der Kirchengemeinde finden sich sechs Todesfälle mit Sterbeort „Bernburg“.

Dr. Kurt Borm (1909-2001) hatte im Rahmen der sog. „Euthanasiemaßnahmen“ des NS-Regimes an der Tötung von 6.652 Menschen, die als „Geisteskranke“ bezeichnet wurden, mitgewirkt. 1940/41 hat er als Assistenzarzt in den Tötungsanstalten Sonnenstein/Pirna und in Bernburg/Saale Beihilfe zum Mord geleistet.

Nach 1945 tauchte er in Uetersen unter bzw. siedelte er von Berlin nach Uetersen über. Hier war er als Arzt im Städtischen Krankenhaus (Bleekerstift) tätig. 1962 wurde er im Rahmen der Aufklärung der NS-„Euthanasieverbrechen“ verhaftet. Borm wurde von der Stadt Uetersen entlassen. Borm wurde angeklagt und 1972 freigesprochen, weil ihm das Unrechtsbewusstsein für sein Tun fehlte. Die Verantwortung für die „T 4-Aktion“ wurde hohen NS-Funktionären zugeschoben.

Dr. Borm war nach seiner Entlassung als niedergelassener Arzt in Uetersen tätig. Er soll bei vielen Uetersenern beliebt gewesen sein. – Der Freispruch wurde 1974 vom Bundesgerichtshof bestätigt, was für öffentliche Kritik an der Justiz führte. – Borm war jedoch z.B. im Jahr 1986 immer noch nicht kritikfähig.

Zusammenfassung:

Dr. Borm ist ein Bei­spiel für Per­so­nen, die mit ih­rer ge­spal­te­nen Per­sön­lich­keit nach dem Krieg klar­kom­men muss­ten. Alle Pa­ti­en­ten, die Dr. Borm in Ue­ter­sen als Arzt ken­nen­ge­lernt ha­ben, ha­ben nur die eine Sei­te von Dr. Borm ge­se­hen. Wie er die an­de­re Sei­te mit sei­nem Ge­wis­sen ver­ein­ba­ren konn­te, das bleibt sein Ge­heim­nis.

Literatur:

Wag­ma Ha­ya­tie: Von der NS-„Eu­tha­na­sie“ zum Fach­arzt in Ue­ter­sen: der Me­di­zi­ner Dr. Kurt Borm, in: S. Zan­kel (Hg.), Ue­ter­sen und die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten – Von Wei­mar bis in die Bun­des­re­pu­blik …, Kiel 2010, S. 97 ff.

Erhard Vogt, Okt. 2018

 

Veröffentlicht von Erhard Vogt am

Ein Hinweis zu “Von der NS-„Euthanasie“ zum Facharzt in Uetersen: der Mediziner Dr. Kurt Borm (1909-2001)”

  1. Secem sagt:

    Ich fin­de der Bei­trag ist sehr gut ge­lun­gen und er­klärt die Tä­tig­kei­ten von dr brom sehr gut.

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