Magnus Pettersson (1916-1944) – als „asozial“ stigmatisiert

Stolperstein Magnus Pettersson am 15.02.2019 (Foto: E. Vogt)
Beerdigungsregister der Kgm Uetersen (Stadt) Nr. 5/1945
9. Mai 1944
Ossenpadd 31, Uetersen

Magnus Franz Heinrich Gustav Petterssohn wurde am 23. Januar 1916 in Uetersen geboren. Seine Eltern waren Marie, geb. Schwarz, und Magnus Petterssohn, ein Zigarrenmacher. Die Familie war evangelisch-lutherischer Konfession und hatte, wie der Name vermuten lässt, schwedische Vorfahren. Zur Zeit von Petterssohns Geburt wohnte die Familie in der Parkstraße 2 in Uetersen. Im Februar 1938 heiratete Petterssohn die aus Schlesien stammende Else, geb. Jänsch. Gemeinsam hatten sie mehrere Kinder, zum Teil unehelich, von denen zwei bereits kurz nach der Geburt wieder verstarben. Die Ehe zwischen Magnus und Else hielt nur wenige Jahre, 1941 erfolgte die Scheidung.

Magnus selbst hatte vier weitere Geschwister, Emma, verh. Karow, und Werner Petterssohn, die offenbar beide zeitweise bei ihrem Bruder lebten, zumindest in dessen unmittelbarer Nachbarschaft. Die Namen der anderen Geschwister sind nicht bekannt. Magnus Petterssohn lebte zu der Zeit zunächst im Kleinen Sand, später im Ossenpadd 31. Das Geld verdiente er als Gelegenheitsarbeiter, mehrfach arbeitete er zwischen 1937 und 1940 als Losverkäufer für das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes, welches mit der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) verbunden war. Offenbar hatte Petterssohn bis in das Jahr 1940 durch Einbehaltung von Losen über 50 Reichsmark veruntreut.

1940 wurde Petterssohn vorgeworfen, dem in Unterglinde wohnenden Gelegenheitsarbeiter Heinrich Ehlers zunächst die Geldbörse entwendet zu haben und ihn einige Tage später nachts in der Wohnung überfallen zu haben. Dabei soll Petterssohn mehrere Minuten auf ihn eingeschlagen und nach weiterem Geld gesucht haben. Petterssohn wurde am 6. März 1940 festgenommen. Zunächst leugnete er noch die Taten: „Ich habe keine Straftaten begangen und weiss auch nicht, weshalb ich festgenommen worden bin. Weiter kann ich heute nichts sagen.“ Nachdem auch seine Frau zuerst versucht hatte, ihn zu decken, gestand Petterssohn die Taten schließlich ein. Er begründete sie mit einem akuten Geldmangel und der Notwendigkeit, seine Familie zu versorgen.

Noch im März 1940 wurde gegen Petterssohn ein Haftbefehl erlassen und er wurde in das Untersuchungsgefängnis nach Hamburg überstellt. Im gleichen Monat wurde gegen ihn auch ein Verfahren eingeleitet wegen „Verbrechens gegen die Volksschädlichkeitsverordnung.“ Diese Verordnung war erst 1939 kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs eingeführt worden, um Widerstand gegen das Regime wirksam bekämpfen zu können. So wurden auch geringe Vergehen unter Umständen mit dem Tode bestraft. Als Folge des Verfahrens wurde Petterssohn vorgeworfen, er käme aus einer „erbbiologisch minderwertigen Familie“, die als „asocial“ anzusehen wäre. Er sei ein „energieloser Mensch“ der „ungern“ arbeite und häufig der Wohlfahrt zur Last gefallen sei.

Im April 1940 wurde Petterssohn aufgrund der Vergehen zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. In einem handschriftlichen Dokument aus dem Jahr 1943, welches von Petterssohn überliefert ist, gibt dieser an, beim Überfall auf Ehlers die Schuld auf sich alleine genommen zu haben, obwohl es zwei Mittäter gegeben habe. Es habe „körperliche und seelische Mißhandlungen“ gegeben und ihm sei mit der Todesstrafe gedroht worden.

Petterssohn war im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen inhaftiert. Im Jahr 1944 wurde seine Strafe unterbrochen und er wurde in das KZ Buchenwald überführt. Auf diese Weise wollte man sich zahlreichen Häftlingen, den sogenannten Asozialen, mit der Vernichtung durch Arbeit entledigen.

Petterssohn starb am 12. Oktober 1944 in Buchenwald. Eine Todesursache ist nicht bekannt.

 

Fabian Boehlke, Febr. 2019

 

Am 15.02.2019 wurde für Magnus Pettersson ein Stolperstein im Ossenpadd 31 verlegt. Die Inschrift laut:

HIER WOHNTE

MAGNUS PETTERSSON

JG. 1916

VERHAFTET 1940

ZUCHTHAUS BREMEN

ALS ASOZIAL STIGMATISIERT

1944 BUCHENWALD

ERMORDET 12.10.1944

 

Die Patenschaft für diesen Stolperstein haben Anne Sophie und Ralph Vogt, Uetersen, übernommen.

Veröffentlicht von Erhard Vogt am

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