Holsteinischer Hof – Parteilokal der SPD

Holsteinischer Hof, ca. Anfang der 1930er Jahre (Foto: Willi Grodthoff)
Holsteinischer Hof, ca. 1950er Jahre (Foto: Rebhuhn)
Holsteinischer Hof, ca. Anfang 1920er Jahre (Foto: R. Schild)
Holsteinischer Hof, ca. Anfang der 1930er Jahre (Foto: Willi Grodthoff)
Holsteinischer Hof, ca. Anfang der 1920er Jahre (Fotograf unbekannt)
Pinneberger Tageblatt, 31.01.1920
Arbeitergesangverein, Pinneberger Tageblatt 20.07.1922
Heinrich Burmeister (2. v. r.), seine Frau Bertha (1. v. l.) und seine Kinder Wilhelm (2. v. l.), Betty (3. v. l.) und Fritz (1. v. r.), Quickborn ca. 1926 (Sammlung Birgit Ullrich)
Der Sozialdemokrat Heinrich Burmeister, Quickborn ca. Anfang der 1950er Jahre (Sammlung: Ingo Burmeister)
Baugenossenschaft, Pinneberger Tageblatt 05.07.1932
Maifeier des Fabrikarbeiterverbandes, Pinneberger Tageblatt 30.04.1919
Der Sozialdemokrat Wilhelm Kahle, Quickborn ca. 1924 (Sammlung: Ursula Nuss)
Aufruf Maifeier, Pinneberger Tageblatt 28.04.1920
Pinneberger Tageblatt 29.04.1929
Robert Haupt, SPD, Quickborn-Heide ca. 1920er Jahre (Foto: Kurt Haupt)
24. November 1895
Kieler Straße, Quickborn

Der Holsteiner Hof war 14 Jahre lang das Parteilokal der SPD. Hier hielt sie Mitgliederversammlungen und politischen Veranstaltungen ab. In guter Übereinstimmung mit der Leitung des Holsteiner Hofes. Am 27.7.1932 war es damit vorbei.

Das Hamburger Echo vom 27.7.1932 kommentierte diesen Vorgang wie folgt:

„Quickborn. Verhinderte SPD-Veranstaltung. Uns wird geschrieben:
Die Ortsgruppe Quickborn der SPD hatte zum 23. Juli eine Versammlung nach dem „Holsteinischen Hof“ einberufen, in der Parteisekretär Verdiek, Kiel, über die Bedeutung der Wahl sprechen sollte. Obgleich das Lokal schon etwa drei Wochen vorher belegt wurde, erklärte der Wirt des „Holsteinischen Hofes“, Heinrich Schildt, 24 Stunden vor der Versammlung, dass er sein Lokal nicht mehr der Arbeiterschaft zur Verfügung stellen könne, da die NSDAP es von ihm verlange. Herr Schildt ist Mitglied der Nazis geworden und hat uns unsere Versammlung unmöglich gemacht, trotzdem wir 14 Jahre lang alle unsere Veranstaltungen bei ihm abhielten. Nun gut, will Herr Schildt nur Nazis in seinem Lokal dulden, dann soll er mit seinen Nazis glücklich werden. Den Kämpfern der Eisernen Front können wir das Lokal von Johannes Behnke am Marktplatz und den Erfrischungspavillon des Genossen Kahle an der Kieler Straße, neben der Kirche, empfehlen.“

 

Im Folgenden eine kleine Zeitreise in die Geschichte der SPD und insbesondere die der Quickborner SPD

Wie alles begann. Deutschland in den Jahren 1848 – 1863. Beginn der industriellen Revolution. Maschinen ersetzen zunehmend den Menschen. Der Arbeitstag hat 14 – 17 Stunden, Kinderarbeit ist normal, es gibt hohe Arbeitsunfallraten und keinen Arbeitsschutz. Die Menschen leben in beengten Wohnverhältnissen und viele sehen für sich keine Zukunft.

1848 Jahr der Hoffnung. Die Unzufrieden ist groß, das Volk will ein Parlament, es will Pressefreit und vor allem bessere Lebensbedingungen. Deshalb findet am 18. Mai 1848 die erste verfassungsgebende Versammlung in der Frankfurter Paulskirche statt.

1848 Gründung des ADAV. Die Hoffnung der Menschen wird nicht erfüllt, die Unzufriedenheit bleibt. Als Antwort auf diese Stimmung gründet Stephen Born 1848 die „Allgemeine Deutsche-Arbeiter-Verbrüderung“. Diese bildet dieBasis für alle späteren Entwicklungen der Arbeiterbewegung.

1848 Marx und Engels. Im selben Jahr verkünden Karl Marx und Friedrich Engels das kommunistische Manifest als eine Utopie der freien Gesellschaft. Kernbotschaft daraus lautet: „Freiheit kann für den Arbeiter nur bedeuten, frei von Produktionsmitteln seine Arbeit frei zu verkaufen und deshalb sind für die Arbeiter andere Antworten erforderlich“

1863 Ferdinand Lassalle. 15 Jahre später gründet Ferdinand Lassalle in Leipzig den ADAV, den „Allgemeinen Deutschen Arbeiter Verein“. Er prägt das Motto  „FREIHEIT, GLEICHHEIT, BRÜDERLICHKEIT“, das in leicht abgewandelter Form auch heute noch das Motto der SPD ist. Dieses Jahr 1863 gilt damit als die Geburtsstunde der Sozialdemokratie.

1869 August Bebels. Noch einmal sechs Jahre später gründen August Bebel und Karl Liebknecht in Eisenach die SDAP, die „Sozialdemokratische Arbeiter Partei“. Sie fordern Demokratisierung von Staat und Gesellschaft. „…. die politischen und sozialen Zustände sind im höchsten Grade ungerecht und daher mit der größten Energie zu bekämpfen“
Mit dem Eisenacher Programm formuliert die SDAP konkrete Forderungen zur Demokratisierung und zur Verbesserung der sozialen Lebensverhältnisse der Arbeiter. Werte, die auch heute noch immer wieder neu erstritten werden müssen und somit erstaunlich aktuell sind: Die Forderungen lauten:

  • Allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht
  • Direkte Gesetzgebung durch das Volk
  • Entscheidung über Krieg und Frieden durch die Volksvertretung
  • Abschaffung aller Gesetze, welche die Frauen benachteiligen
  • Erklärung der Religion zur Privatsache
  • Weltlichkeit der Schulen. Obligatorischer Schulbesuch
  • Rechtsprechung durch vom Volk gewählte Richter
  • Unentgeltlichkeit der ärztlichen Hilfeleistung
  • Stufenweise steigende Einkommensteuer

1871 Gründung des Deutschen Reiches. Kaiserproklamation in Versailles. Wilhelm der Erste wird deutscher Kaiser. Der Druck auf die politischen Parteien nimmt zu. Es kommt zu verstärkter staatlichen Unterdrückung der Arbeiter.

1875  Vereinigung von ADAV und SDAP zur Sozialistischen Arbeiterpartei. Die Wirtschaftskrise von 1873 stößt Deutschland in tiefe Rezession. 1875 findet in Gotha der sogenannte „Vereinigungsparteitag“ statt, auf dem der ADAP und die SDAP vereinigt werden zur „Sozialistischen Arbeiterpartei“. Trotz Schikanen und Verfolgung nimmt die Zahl der Anhänger der Sozialdemokratie ständig zu.

1878 Anti-Sozialisten-Gesetz. Im Juni 1878 kommt es zu einem Attentat auf den Kaiser. Die Schuld wird den Sozialisten zugeschoben. Im Oktober 1878 wird auf Betreiben des „Eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck das „Anti-Sozialisten-Gesetz“ beschlossen. Es geht als das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ in die Geschichte ein. Im Wortlaut läßt der Kaiser verkünden: „Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt: „Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten.“

bis 1890 Zwölf Jahre Verbot. Dieses Gesetz ist 12 Jahre lang in Kraft. Es enthält das Verbot der Sozialdemokratischen Partei, nahestehender Gewerkschaften und der Parteipresse. Sozialdemokraten werden verhaftet, es drohen Gefängnis, Ausweise, sogar Exil. Dann endlich1890: Der Reichstag verlängert das Verbot nicht.

Aufbruchstimmung. Nach Ende des Verbots herrscht Aufbruchstimmung. Otto von Bismarck zeigt nach der Phase der Verfolgung der Sozialdemokraten seine andere Seite: Er erlässt eine Reihe von Sozialgesetzen, die Basis für unsere heutige soziale Absicherung:

  • 1883 Einführung der Krankenversicherung
  • 1884 Einführung der gesetzlichen Unfallversicherung
  • 1889 Einführung der Rentenversicherung

All dies große Leistungen, die die tägliche Lage der Arbeiter jedoch noch nicht verbessern.

1890 SPD in Halle. Die soziale Lage der Arbeiter bleibt unbefriedigend. Sie wohnen immer noch in schlechten Wohnverhältnissen und haben immer noch extrem lange Arbeitszeiten und vor allem keine Teilhabe an Entscheidungen, die ihr Leben betreffen. Bei Wahlen erringen die Sozialdemokraten jetzt fast 20 % der Stimmen und sind damit stärkste Einzelkraft.

In Halle gibt sich die Arbeiterbewegung ein neues Statut. Der heutige Name entsteht:

„SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands“

 

Und was tut sich in Quickborn?
Der Quickborner Historiker und Stadtarchivar Jürgen Hühnke hat folgende Materialien zur Entwicklung der Sozialdemokratier und der Arbeiterbewegung im Raum Quickborn zusammengetragen:

1875 gibt es im Kreis Pinneberg keine sozialdemokratischen Vereine, sondern allenfalls Einzelmitglieder im Hauptverein.In Elmshorn existiert ein „Leseverein“ von Mitgliedern der Arbeiterpartei (40 Teilnehmer), in Uetersen ist ein Arbeiter Rethmeyer bekannt, der für die Partei wirbt, deren dortige 20-30 Mitglieder keinen örtlichen Zweigverein gebildet haben. Im Barmstedt wird ein Ortsverein vermutet. (Quelle: Landesarchiv Schleswig LAS 309/441

1886 wird in Quickborn ein Flugblatt „Was hat die ländliche Bevölkerung von der Sozialdemokratie zu erwarten?“ verteilt. Nach dem zur strengen Überwachung nach dem Sozialistengesetz erstellten Liste werden u.a. der Tischler August Fricke aus Hamburg, der Gerber Friedrich Gottschalck aus Quickborn und der Maurer August Meyer aus Hamburg genannt. (Quelle: LAS 309/226

1887 Der Landrat Alexander Keßler von Bischoffshausen, Pinneberg meldet: Kurz vor dem (Reichstags-) Wahltag und mehr noch vor der Stichwahl „…wuchs die socialistische Agitation in erschreckender Weise, so daß ich vorübergehend ein Durchkommen des socialistischen Candidaten befürchten mußte …. In den letzten Tagen vor der Wahl kamen aus Hamburg mit den Zügen der Kieler und der Kaltenkirch´ner Bahn , zu Fuß und zu Wagen viele Hunderte, vielleicht über tausend, junge Handwerker pp. mit Flugblättern und Stimmzetteln für Molkenbuhr“. Jedes Dorf werde besucht. Am Wahltag sei „der letzte Tagelöhner, gelegentlich unter Verabreichung von Cigarren und Branntwein zur Wahlurne geführt“ worden. Etwa hundert Personen wurden verhaftet, Tausende von Flugblättern beschlagnahmt. (LAS 309/226)

1887 Der Segeberger Landrat berichtet im Februar über die Verteilung von Wahlflugblättern für den sozialdemokratischen Kandidaten Hermann Molkenbuhr. Der Verteiler sei unbekannt, wohl aus Altona, …“konnte hier nicht gefaßt werden, wurde aber auf dem Bahnhof zu Ellerau ermittelt, bis Quickborn verfolgt und dort von dem Gendarm Günther verhaftet. (LAS 320 Segeberg/271) In der Hamburger Mietwohnung von Hermann Molkenbuhr werden Flugblätter beschlagnahmt, u.a. 300 Stück, die von 4 Personen in Quickborn verteilt werden sollten. (LAS 309/226)

1887 „In Elmshorn, wie in Uetersen und Barmstedt finden sich die eifrigsten Anhänger der Socialdemokratie unter den Schuhmachern …. “ (LAS 309/226)

1888 Quickborn, Garstedt, Niendorf u.a.m. gehören zum „Kleinen Belagerungszustand“ wegen der Neigung der Bevölkerung zur Sozialdemokratie. Der Landrat wagt nicht, einen Amtsbezirk Garstedt/Hasloh/Winzeldorf zu bilden, weil sonst automatisch der Garstedter Gemeindevorsteher zum Amtsvorsteher berufen werden müßte. In Quickborn findet er aber den „zuverlässigen“ Johann Nicolaus Donath vor, 53 Jahre alt, so daß sich hier eine kommissarische Besetzung erübrigt. (LAS 309/17935

1890 Sozialdemokratische Versammlungen in Quickborn am 5. Oktober und am 14. Dezember. Bei dieser Gelegenheit gezeigte rote Fahnen wurden „entfernt“ (beschlagnahmt) (LAS 309/232.) Über die Verteilung von Flugblätter wird berichtet: Die Landagitation sei „außerordentlich rührig“. Viele („zahllose“) Verteiler aus Hamburg und Altona, „welche mit einer bewunderungswürdigen Aufopferung vom frühesten Morgen bis zum späten Abend von Haus zu Haus thätig waren und selbst während der Nacht Flugblätter unter die Hausthüren steckten.“ (LAS 309/230)

1891 Versammlung am 14. Februar. Versuche in Garstedt, Hasloh, Schnelsen, Niendorf und Eidelstedt scheitern am Widerstand der Wirte. (LAS 309/232) Wirte wurden durch den Landrat mit Konzessionsentzug bedroht, wenn sie den Sozialdemokraten ihre Säle gaben. In Quickborn wurde offenbar ein mutiger Wirt gefunden.

1891 „In Quickborn fand am 15. Februar d.Js. eine von dem Landmann Bie(h)lenberg berufene öffentliche Volksversammlung mit der Tagesordnung statt: „Was wollen wir thun angesichts der Bestrebungen der Socialdemokratie?“ Nach einer patriotischen Rede, die mit einem Hoch auf Se.Majestät endete, forderte der p.Biehlenberg die Anwenden auf, mit ihm einen „Verein zur Bekämpfung der Socialdemokratie“ zu gründen. „Dem Vereine traten an dem nämlichen Abend 33 Mitglieder bei“. (LAS 309/232)

1893 Bei der Reichstagswahl erlangen die Konservativen 41,4 %, die Liberalen 24,5 % und die Sozialdemokraten 34,1 %. Bei der anschließenden Stichwahl siegte der Konservative Moltke mit 63,1 % über den Sozialdemokraten Molkenbuhr mit 36,9 % (LAS 309/238)

Am 24. November 1895 wird ein „Sozialdemokratischer Verein für Quickborn“ gegründet. Der Vereinszweck lautet: „Der Verein beabsichtigt, durch Rede und Schrift möglichst Klarheit über die Grundsätze der socialdemokratischen Partei zu schaffen und zu verbreiten, sowie die Wahl socialdemokratischer Abgeordneter zu verschiedenen gesetzgebenden und verwaltenden Körperschaften zu unterstützen.“ (LAS 309/12538).

Jürgen Hühnke aus Quickborn führt hierzu aus:
Der Eidelstedter Fabrikant Rudolf Conrad Brockhahne,[1] Besitzer des Gutes „Elisenhof“ in Quickborn, beschäftigte in Heimarbeit zuliefernde Zigarrenarbeiter, die in einer kleinen Barackensiedlung hausten. Sie begründeten die Partei. An die mietweise Unterbringung (1Mark pro Woche) erinnerte der „Barackenweg“,der am 6. August 1948 – auf Antrag ausgerechnet des KPD-Vertreters- in Wiesengrund umbenannt wurde. Mitbegründer waren auch einige Tischler, die in einer Fabrik für Fertigfenster am Bahnhof arbeiten (= Gelände ehemals Kohlen-Plötz, Feldbehnstr.)

Der neu gegründete Verein findet nicht überall Zustimmung. Für die Mitglieder eine gefährliche Angelegenheit. Sie haben mit Konsequenzen auch für die Familien zu rechnen und mit Arbeitsplatzverlust und gesellschaftlicher Ächtung. Das führt dazu, dass sich die Mitglieder unter diesem Druck nach und nach zurückziehen.

1903 Am 10. Juli kommt es zur Neugründung eines „Sozialdemokratischen Wahlvereins für Quickborn und Umgegend“. Der Vereinszweck ist mit dem von 1895 identisch. Der Umfang hat sich aber auf das Umland ausgeweitet. Der junge Verein entwickelt sich stetig. Die politischen Rahmenbedingungen ändern sich aber nur langsam. Und so dauert es bis 1916, dass der Quickborner SPD-Vorsitzende Wilhelm Kahle aus Altona dem Ortsverein neuen Schwung gibt und die SPD als feste Größe in der Quickborner Gemeindevertretung etabliert.

Walther Kahle, ein Sohn von Wilhelm Kahle berichtet 1969 in seiner „Parteigeschichte der S.P.D. Quickborn“ u.a.: SPD wurde hauptsächlich gegründet von Zigarrenarbeitern, die für Hamburger Firmen in Heimarbeit tätig sind und durch Tischler, die in einer alten Kate Ecke Feldbehnstr./Kampstr. Fenster herstellten.

Jürgen Hühnke, Quickborner Historiker, kommentiert diesen Bericht: „Nach dieser etwas unsicheren Quelle verdankt der Ortsverein seine Gründung frühkapitalistischen Zuständen in Quickborn, einem Verlagskapitalismus (Heimarbeit, Lieferung des Arbeitsmaterials durch den „Fabrikanten“ und billigen Ankauf und günstigen Vertrieb) und manuelle Fertigung.“

1907 hat der Ortsverein 18 Mitglieder. Er tagt im Quickborner Tagungslokal „Herberge zur Heimat“ an der Kieler Straße. Bei der Reichstagswahl erzielen die Sozialdemokraten nur noch 25,8 %. (LAS 309/22537)

1916 Neubelebung der Quickborner SPD durch Wilhelm Kahle (1862-1953), Zigarrenmacher in Altona, ist seit 1890 mit seiner Frau Auguste SPD-Mitglied und von 1900-1906 Ortsvereinsvorsitzender in Altona. 1916 siedelt die Familie über nach Quickborn. Wilhelm Kahle arbeitet weiter als Zigarrenmacher und betreibt später einen Verkaufspavillion mit Verkauf von Tabakwaren.

Ab 1916 Vorsitzender der SPD in Quickborn und von 1919-1923 SPD-Gemeinderatsmitglied und Mitglied im Kreistag, ab 1919 stellv. Amtsvorsteher. (vgl. Hamburger Echo vom 14. und 15.11.1952). Anläßlich seines 90. Geburtstages 1952 wurde er als ältester Sozialdemokrat Schleswig-Holsteins geehrt.

Der Stadtarchivar berichtet ….
1924 stellt die SPD vier Mitglieder in der Gemeindevertretung (Wilhelm Kahle, Richard Luther, Paul Dabelstein und Wilhelm Kaller). 1929 sind es noch drei Vertreter (Carl Heyer, Wilhelm Kalller und Paul Dabelstein). 1931 erhält die NSDAP verstärkten Zulauf. Die SPD kann nur noch zwei Vertreter stellen (Carl Heyer, Walther Kahle, ein Sohn von Wilhelm Kahle).  1933 vertritt Paul Dabelstein die SPD allein gegen die Übermacht der NSDAP. Im selben Jahr wird ihm Veruntreuung vorgeworfen. Er öffnet den Gashahn, kann aber gerettet werden. Als Ersatzmann für Paul Dabelstein wäre Heinrich Burmeister (Jg. 1881) 1933 für die SPD in die Gemeindevertretung eingezogen. Die damaligen politischen Verhältnisse, die bereits vor dem SPD-Parteiverbot am 22. Juni 1933 herrschten, werden sicherlich die Wahrnehmung des Mandats verhindert haben.

Anders als heute war es zur damaligen Zeit eine bewusste Entscheidung, sich den Sozialdemokraten anzuschließen. Einerseits der Wille der Arbeiterschaft, sich zusammenzuschließen, um sich aus der Rechtlosigkeit zu befreien und andererseits die Bedrohung durch die Obrigkeit. Zuerst der Kaiser mit seinem eiseren Kanzler Bismarck und später dann die NSDAP. Deshalb gilt unsere Erinnerung all denen, die trotzdem durchgehalten haben und sich ein ganzes Leben lang mit Herz und Verstand für eine Sache engagiert haben.

Artikel erstellt von Enno Hasbargen, Quickborn

Veröffentlicht von Jörg Penning am

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