Hinrich Albert (Henry) Kölln (1880-1962), Bauunternehmer, der kein Nazi gewesen sein will

Auszug Entnazifizierungsakte Heinrich Kölln im Landesarchiv S-H Abt. 460.9 Nr. 161
12. März 1933
Seminarstr. 30, Uetersen

Geboren am 11. Juli 1880 in Uetersen[1] als Sohn von Heinrich Matthias Kölln und Anna Margaretha Kölln, geb. Sottorf. Der Vater ist Zimmermeister; die Familie wohnt 1880 in der „Hinterstraße“[2], 1893 heißt die Straße „Parallelstraße“[3].

Nach Besuch der Mittelschule und des Technikums in Eutin besteht er 1899 die Gesellenprüfung in Pinneberg mit „gut“ und 1900 die Prüfung zum Baugewerbemeister in Eutin mit „gut“.[4] 1902 macht er sich als Zimmermeister selbständig und ist von 1902 bis 1946 Mitglied in der Innung des Baugewerbehandwerks Pinneberg.[5]

Er ist evangelischer Religion und gehört von 1923 bis 1933 der Freimaurerloge zur goldenen Kugel in Hamburg an.[6]

Henry Albert Kölln ist verheiratet seit 1904 mit Anna Helena geb. Schlichting, einer Tochter von Martin Hinrich Peter Schlichting und Anna Magdalena, geb. Vietheer.[7] Am 8. Februar 1907 wurden die Zwillinge Heinrich Karl und Martin Hermann geboren, die am 28. März im Elternhaus getauft wurden.[8] Sohn Martin ist am 15. September 1907 und Sohn Heinrich am 07. Februar 1909 verstorben.[9] Am 3. Dezember 1909 wurde Sohn Heinrich Martin Carl geboren.

Henry Kölln war nach eigenen Angaben Soldat im 1. Weltkrieg. Vom 3. Februar bis zum 1. November 1916 war er als Eisenbahn-Pionier in Serbien und vom 1. November 1916 bis zum 1. Oktober 1918 in gleicher Funktion in Rumänien. Sein letzter Dienstgrad war der eines Unteroffiziers; für treue Dienst habe er das Eiserne Kreuz II. Klasse erhalten.[10]

Kölln gibt an, 1933 Mitglied der „Freisinnigen Volkspartei“ gewesen zu sein und will im Nov. 1932 und im März 1933 jeweils „Deutsche Volkspartei“ gewählt haben.[11]

Als Kandidat des Wahlvorschlages „Nationaler Zusammenschluss“ wird Kölln am 12. März 1933 als Stadtverordneter (= Stadtvertreter) gewählt.[12] Am 30. März 1933 wählt ihn die Stadtverordnetenversammlung zum stellv. Stadtverordnetenvorsteher.

Seine Adresse „Seminarstraße 30“ wird 1939 als die des Ortshandwerkerführers genannt.[13] Ob er oder sein Sohn der Ortshandwerkerführer ist, ist unklar.

Henry Kölln war nach eigenen Angaben kein Mitglied der NSDAP und gehörte auch keinen Gliederungen der Partei (wie SS oder SA) an.[14] Er wurde 1935 Mitglied der DAF, der NSV und des NS-Reichskriegerbunds. Von 1904 bis 1945 ist er Mitglied der Uetersener Schützengilde von 1545.[15]

Seit 1933 war Kölln ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Spar- und Leihkasse Uetersen und seit … auch Aufsichtsratsmitglied der Uetersener Eisenbahn AG.[16] Als solcher hatte er bereits 1945 Fragebögen zur Entnazifizierung auszufüllen. 1946 bezeugt Schwiegertochter Irma die Angaben, die selbst Parteimitglied gewesen ist.

Henry Kölln „gilt wegen geringer Belastung als tragbar, und wird einstimmig zur Beibehaltung vorgeschlagen“[17] und erhält mit Datum 18. Juni 1949 die Bestätigung, dass er „keinerlei Bindungen zur NSDAP oder ihren Gliederungen hatte“[18].

Ehefrau Anna Helena Kölln, geb. Schlichting, stirbt am 15. September 1949 im Alter von 72 Jahren.[19]

Gestorben ist Henry Kölln am 16. Mai 1962 in Neustadt in Holstein im Alter von 81 Jahren[20].

 

Erhard Vogt, Mai 2015, überarbeitet im Oktober 2017

 

[1] Vgl. Taufregister der Kirchengemeinde Uetersen Nr. 163/1880.

[2] Vgl. ebda.

[3] Vgl. Adressbuch 1893, in: Brütt/Scharfenstein, Uetersen und seine Einwohner, Uetersen 1995, S. 31

[4] Vgl. Entnazifizierungsakte Heinrich Kölln im Landesarchiv S-H Abt. 460.9 Nr. 161

[5] Vgl. ebda.

[6] Vgl. ebda.

[7] Vgl. Heiratsregister des Standesamtes Uetersen Nr. 14/1904.

[8] Vgl. Taufregister der Kirchengemeinde Uetersen Nr. 47 + 48/1907.

[9] Vgl. Randvermerke beim Geburtsregister des Standesamtes Uetersen Nr. 26 + 27/1907.

[10] Vgl. Entnazifizierungsakte Heinrich Kölln im Landesarchiv S-H Abt. 460.9 Nr. 161

[11] Vgl. ebda.

[12] Vgl. Uetersener Nachrichten vom 14.03.1933

[13] Vgl. Führer durch die Stadt der Rosen, Uetersen 1939, S. 26

[14] Vgl. Entnazifizierungsakte Heinrich Kölln im Landesarchiv S-H Abt. 460.9 Nr. 161 – „Eine NSDAP-Mitgliedschaft war nicht festzustellen, wobei die Parteizugehörigkeit nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, da die Kartei lediglich zu 80 % überliefert ist.“ (Antwort des Bundesarchivs vom 29.04.2015 auf eine Anfrage d. Verf.)

[15] Vgl. Entnazifizierungsakte Heinrich Kölln im Landesarchiv S-H Abt. 460.9 Nr. 161

[16] Vgl. ebda.

[17] Ebda.

[18] Ebda.

[19] Vgl. Randvermerk beim Heiratsregistereintrag des Standesamtes Uetersen Nr. 14/1904.

[20] Die personenbezogenen Daten stammen aus einer Recherche des Standesamtes Uetersen im Mai 2014.

Veröffentlicht von Erhard Vogt am

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