In der damaligen Oherchaussee Nr. 88 befand sich das Wohnhaus des Malermeisters Karl Kords. Dieser wurde 1896 in Wotersen, Kreis Herzogtum Lauenburg, geboren und hatte sich 1922 in Garstedt als Maler selbstständig gemacht. Am 1. Mai 1933 wurde er in die NSDAP aufgenommen und ein Jahr später in die Deutschen Arbeitsfront (DAF). Seit Anfang 1935 war Kords in Garstedt Ortswalter bzw. Ortsobmann der DAF.[1] Bei ihm in der Wohnung befand sich die örtliche DAF-Geschäftsstelle.[2]
Die DAF wurde nach dem Verbot der Gewerkschaften am 10. Mai 1933 gegründet und entwickelte sich mit ca. 23 Millionen Mitglieder (im Jahr 1938) zur größten NS-Massenorganisation mit einem riesigen hauptamtlichen Apparat.[3] Es handelte sich um eine „Pseudogewerkschaft“, in der Arbeiter, Angestellte, Beamte und Unternehmer gleichermaßen organisiert waren.[4] Aus Sicht der DAF sei es das Ziel der Einheitsorganisation: „den Arbeitsfrieden dadurch zu sichern, dass bei den Betriebsführern [den Unternehmern, d. Verf.] das Verständnis für die berechtigten Ansprüche ihrer Gefolgschaft [der Belegschaft, d. Verf.], bei den Gefolgschaften das Verständnis für die Lage und die Möglichkeiten ihres Betriebes geschaffen wird.“ [5] Zu diesem Zweck diente auch das am 20. Januar 1934 erlassene „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ (siehe Quelle). Dieses sah vor, dass in Betrieben mit mindestens 20 Beschäftigten Vertrauensmänner bestimmt werden, die dem „Betriebsführer“ beratend zur Seite standen. An die Stelle eines Betriebsrats trat ein „Vertrauensrat“, der das „gegenseitige Vertrauen innerhalb der Betriebsgemeinschaft“ stärken soll.[6] Nach der Auskunft des DAF-Ortswalter Karl Kords gehörte zum Aufgabengebiet des Betriebsvertrauensmanns, „eine gute kameradschaftliche Zusammenarbeit in der Betriebsgemeinschaft herzustellen, bei auftretenden Differenzen und Streitigkeiten innerhalb der Betriebsgemeinschaft für gütigen Ausgleich zu sorgen, oder wenn dieses nicht gelang, seiner Ortswaltung einen Bericht über den Vorfall einzusenden. Die Ortswaltung leitete in sozialen Angelegenheiten diesen Bericht anordnungsgemäss an die Rechtsberatung der DAF Kreiswaltung Elmshorn weiter. In sonstigen Angelegenheiten aller Art an den Ortsgruppenleiter der NSDAP.“ [7]
Das NS-Regime versuchte nicht nur durch die Gleichaltung der Arbeitnehmerinteressenverbände, sondern auch durch konkrete sozialpolitische Reformen in den Betrieben, die sich positiv auf die Arbeitsbedingungen auswirkten, eine Massenloyalität zum nationalsozialistischen Staat herzustellen.[8] Des Weiteren sollten durch „weltanschauliche Erziehung zum Nationalsozialismus“ und „arbeits- und sozialrechtliche Betreuung aller Mitglieder“ die Belegschaften an das „Dritte Reich“ gebunden werden.[9]
Zu dem DAF-Organisationsnetz gehörten obendrein eine Bank, eine Versicherung, Bauunternehmen, Werften, das Automobilwerk „Volkswagen“ und Verlage. Von gößerer Bedeutung war insbesondere die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KdF), die Urlaubsreisen anbot und durch die Freizeitangebote mit Theateraufführungen, Konzerten und Ausstellungen die Bevölkerung auch außerhalb des Betriebes erfasste.[10]
In der Nachkriegszeit geriet Karl Kords in den Verdacht, einen Bericht über die politische Haltung des Tischlers Karl Offen an die Gestapo weitergeleitet zu haben, woraufhin sich Offen aus Angst vor der Verhaftung erschossen hatte. Da nicht nachzuweisen war, dass er den Bericht persönlich weitergeleitet hatte, wurde das Verfahren gegen ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus Mangel an Beweisen eingestellt.[11]