Erna Nelamischkies (1914-1943), Diakonissenschwester – Opfer der sog. „Euthanasie“

Erna Nelamischkies um 1929 (Foto: Familienbesitz)
Erna Nelamischkies (links) mit Patienten, wahrscheinlich in Pinneberg in den 1930er Jahren (Foto: Familienbesitz)
Erna Nelamischkies um 1940 in Mechtal (Foto: Familienbesitz)
Beerdigungsregister der Kirchengemeinde Uetersen (Nordbezirk) Nr. 81/1943
Stolperstein Erna Nelamischkies am 15.02.2019 (Foto: E . Vogt)
Stolperstein E. Nelamischkies (Foto: E. Vogt 2019)
19. August 1943
Katharinenstraße 13, Uetersen

Hier, in der Katharinenstraße 13, hat die Familie Nelamischkies seit Mitte der 1930er-Jahre lange gelebt. Meine Tante, Erna Berta Nelamischkies, wurde am 29. November 1914 in Uetersen als fünftes Kind der Eheleute Michael und Anna Christina Nelamischkies geboren und besuchte auch die hiesige Volksschule. Nach der Schulentlassung 1929 war sie, wie zu der Zeit üblich, an mehreren Stationen in Stellung.

Ab 01.07.1934 hat sie sich beim Krankenhaus Pinneberg angemeldet und dann in der folgenden Zeit eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert. Auf den Photos von ihr, die der Familie aus dieser Zeit geblieben sind, sieht sie sehr glücklich aus. Sie hatte wohl ihre Berufung gefunden.

Im Jahre 1939 wechselte sie zum Mutterhaus der Diakonissen in Friedenshort bei Mechtal / Oberschlesien (heute Polen) und war zuletzt im Krankenhaus Beuthen eingesetzt. Zwischen den einzelnen beruflichen Abschnitten kehrte sie immer mal wieder in die Familienwohnung hier in der Katharinenstraße 13 zurück, so auch Ende Juni des Jahres 1943.

Für uns bleibt im Dunkeln, was ihr während ihrer Arbeit im Krankenhaus zugestoßen ist, was sie mit ansehen musste oder erlebt hat. Sie selbst konnte wohl nicht mehr sprechen und verfiel in Mutismus. Der Uetersener Arzt Dr. Telschow wies meine Tante dann am 05. Juli 1943 wegen „akuter Geistesverwirrung und Suicidversuch“ in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn ein. Als Familienangehörige sie später besuchen wollten, war sie nicht mehr dort.

Vermeintlich infolge der schweren Bombardierungen Hamburgs ab 24. Juli 1943 wurden viele Patienten von Langenhorn aus verlegt. So brachte man auch Erna Berta Nelamischkies am 19. August 1943 in die Heil-und Pflegeanstalt Meseritz-Obrawalde, von der man heute weiss, dass die meisten Insassen systematisch mit Giftspritzen und Luftinjektionen getötet wurden.

Nach dem Inhalt ihrer Patientenakte, die beim Staatsarchiv Hamburg vorhanden ist, wurde meine Tante in keiner der Anstalten ärztlich behandelt sondern offenbar nur „verwahrt“. Laut der Sterbeurkunde endete ihr Leben in Meseritz-Obrawalde am 25. September 1943 mit 28 Jahren. Als Todesursache wurde Lungenentzündung angegeben. Ihre Asche wurde der Familie übergeben und auf dem Neuen Friedhof in Uetersen beigesetzt.

Es war sehr mühsam und zeitaufwendig, alle diese Fakten zu erforschen und so macht es mich besonders froh, dass meiner Tante heute in dieser Form gedacht wird.

 

Vera Pilniok, Febr. 2019

 

Der Stolperstein für Erna Nelamischkies wurde am 15.02.2019 in der Katharinenstraße 13 verlegt. Er trägt die Inschrift:

HIER WOHNTE

ERNA

NELAMISCHKIES

JG. 1914

EINGEWIESEN 1943

HEILANSTALT LANGENHORN

„VERLEGT“ 19.8.1943

HEILANSTALT MESERITZ

ERMORDET 25.9.1943

 

Die Patin für den Stolperstein ist ihre Nichte Vera Pilniok, Heidgraben.

Veröffentlicht von Erhard Vogt am

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