Briefe an einen Kriegsgefangenen

Veröffentlicht von Jörg Penning am

Pierre Georgy war von Beruf Bäcker und geriet im Mai 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft. Als Kriegsgefangener war er u.a. bei der Fa Essigkühne in Hamburg-Altona und anschließend in Bönningstedt bei dem Mühlenbesitzer und Bäcker Robert Peters eingesetzt. Ende Dezember 1941 wurde er nach Pinneberg in das Arbeitskommando Nr. 329 überwiesen und von hier aus im November 1942 in das Stammlager XA in Schleswig gebracht. Bei einer dortigen Durchsuchung fand man bei ihm fünf französischsprachige Zettel, aus denen sich eine unerlaubte Beziehung zu einer deutschen Frau herauslesen ließ. Der Kriegsgefangene Georgy versuchte die Briefeschreiberin zu decken, indem er  eine andere Person angab, die er zu Beginn seiner Gefangenschaft in Elsaß kennengelernt habe. Aus den in den Briefen angeführten Ortsangaben und den letzten Arbeitseinsätzen des Kriegsgefangenen konnte jedoch schnell die wahre Verfasserin ermittelt werden. Die Briefe sind in der Prozessakte Friedrichsen erhalten geblieben.[1]

 

M. ch. P. [Mein lieber Pierre]
Ich war am Dienstag hier, aber leider habe ich Dich nicht gesehen. Es war mir sehr schwer ums Herz. Frl. D. hat ihren Tag gegen Donnerstag getauscht. Ich denke immer an Dich und suche nach Möglichkeiten Dich wiederzusehen, aber leider… Oft habe ich Deine letzten Briefe gelesen und viele Tränen sind darauf gefallen. Ich weiß, ich bin närrisch, aber immer sind meine Gedanken bei Dir. Du bist für mich ein unauslöschliches Andenken. Ich habe meinen Schwiegervater gebeten, Dich in seine Bäckerei zu nehmen, aber ich weiß nicht, ob Du willst und ob die Bitte erfüllt wird. Vielleicht öffnest Du das Papier der Seife vor Deiner Abfahrt, dann kannst Du einen kleinen Brief schreiben, lege ihn in den Essraum für die Bäcker, links befindet sich ein Bild der Mühle 1933, rechts davon (von diesem Bild) befindet sich ein X, hinter diesem. Ich werde mit meinen Augen am Montag früh folgen. Ich bin so traurig… Einige Briefmarken, vielleicht kannst Du sie gebrauchen.

 

M. Ch. P. [Mein lieber Pierre]
Ich möchte Dir sagen, wie viel Freude ich beim Lesen Deiner 5 Briefe empfand. Ich bin so glücklich über Deine Worte und sehr oft kommen mir die Tränen in die Augen. Du weißt nicht, wie ich Dich liebe, aber leider, das Leben ist zu grausam, es nimmt mir meine Freude. Ich liebe nur einen Mann wie Dich. Du darfst nicht glauben, daß ich Dich vergesse, niemals, mein Herz möchte immer bei Dir sein, bis in Deinem Vaterland. […] Wenn Du glaubst, dass Du nach der  Straße P.-Q. [Pinneberg-Quickborn] kommen kannst, dann schreibe mir, zu welcher Stunde und an welchem Tage, evtl. schreibe nach mir zu Hause, aber nur im Falle der Not. […] Es ist eine Straße ohne viele Häuser, zwischen P.-Q. ist ein Wald zu beidenSeiten der Straße, ich kann Dir entgegenkommen, aber komme nur, wenn keine Gefahr für Dich vorhanden ist. (…)“