Bericht von Friedrich Ehmke über seine Verfolgung

Veröffentlicht von Jörg Penning am

Aus dem Wiedergutmachungsantrag:

Als gelernter Maschinenbauer wurde ich nach Beendigung meiner Lehrzeit Mitglied des Deutschen Metallarbeiterverbandes, trat später jedoch aus und schloss mich der Revolutionären Gewerkschafts-Organisation (R.G.O.) an. Hier wurde ich in unteren Funktionen tätig bis zur Machtübernahme 1933. Auch nach der Machtübernahme setzte ich die Tätigkeit für die Organisation fort, bis zu meiner Verhaftung am 26. Januar 1934. Ich hatte mit dem Gen. Karl Ziegler eine Postleitstelle. Durch unsere Hände ging unter anderem auch die im Ausland gedruckte „Internationale Gewerkschaftspresse-Korrespodenz“. Wir hatten das empfangene Material jeweils aufzuteilen und an die Genossen in den einzelnen Bezirken weiter zu leiten.

Am 26. Jan. 1934, dem Verhaftungstag, war ein Treffen mit dem Gen. Ziegler in dessen Zimmer, er war ledig und wohnte zur Miete bei einer älteren Frau, vereinbart. Es sollte eine Schreibmaschine und Verfielfältigungsapparat anderweitig untergebracht werden. Schon bei meinem Eintreten erklärt mir Z. das heute alles schief gegangen sei. Während wir noch berieten was nun zu tun sei, kamen zwei Beamte der Gestapo, um ihn festzunehmen. Da ich mich nicht genügend ausweisen konnte, nahmen sie mich auch gleich fest. Wir wurden zur Revierwache und Stunden später ins Stadthaus gebracht, dort blieben wir mehrere Tage und wurden dann ins Konzentrationsalager Fuhlsbüttel eingeliefert, wo wir 4 Wochen blieben. Hier wurde ich auch zum ersten Male misshandelt. Der Anlass war, in meinem Waschpaket sollte ein Zettel gewesen sein. Trotzdem ich bestritt diesen Zettel geschrieben oder in mein Wäschepacket getan zu haben, wurde ich vom diensttuenden SS.-Wachtmann immer wieder ins Gesicht geschlagen. Am anderen Tage, am Vormittag, war sogenannte Freistunde unter der Aufsicht desselben SS.-Wachtmannes. Nachdem wir alle Häftlinge einige Male im Hofe des Zuchthauses herumgejagt worden waren, hinwerfen, wieder aufstehen, weiterlaufen u.s.f. wurden einige von uns vom Wachtmann ausgesucht und mussten strafhüpfen. Das war mit in den Nacken verschränkten Händen in der Kniebeuge fortwährend und schnell vorwärts hüpfen. Ich war und blieb der Letzte, sei es, dass die anderen kräftiger waren, sei es, dass sie, da sie kleiner waren, besser die Balance halten konnten und flotter vorwärts kamen als ich, immer war der Wachtmann hinter mir her und trat mich mit den Füssen (Marschstiefel) ins Gesäss und auch ins Kreuz, wie er gerade traf, bis ich liegen blieb. Dies war meine erste schwere Misshandlung im K.Z. (…) Eine weitere Misshandlung erfolgte, ebenfalls noch im K.Z., am Sonntagnachmittag der letzten Woche meines dortigen Aufenthalts. Alle Insassen meines Flügels waren am Tage vorher in einen anderen Flügel verlegt worden. Etwa 2 Stunden nach der Essenausgabe wurde ich aus meiner Zelle geholt (ich war während der ganzen K.Z.-Zeit in Einzelhaft) und von einem grossen, stämmigen SS.-Mann unter der Beschuldigung, ich hätte Tür und Wände meiner alten, am Vortage verlassenen Zelle mutwillig verunreinigt und verkratzt geschlagen. (…) Während ich also in strammer Haltung stehend, Schläge ins Gesicht bekam, standen 2 weitere SS-Wachtmeister mit dem Gummiknüppel in der Hand dabei. Ich musste dann noch die eisernen Treppen im Gebäude rauf und runter laufen bis ich völlig erschöpft in meine Zelle wanken konnte, für eine Sache, die ich nicht begangen hatte.

Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 761 Nr. 8317.