Anfang der 1990er Jahre war es noch möglich: Die Elmshorner Zeitzeuginnen Christa Schenck, Ruth Hörster, Lisbeth Hoop und Else Bröder sprechen über ihre Erlebnisse in den letzten Kriegstagen, die auch als Selbstbefreiung vom Faschismus in die Stadtgeschichte Eingang gefunden haben. Karl Siebich und Hajo Willms ließen sie in ihrer Sendung „Freie Republik Elmshorn – elf Tage im Mai 1945“ auf NDR 1 Welle Nord vor 32 Jahren zu Wort kommen. Zu hören ist auch einer der Hauptakteure der Selbstbefreiung: Der Sozialdemokrat Erich Arp (im Bild links).
Lernten sich im Antifaschistischen Kampfkomitee Hamburg kennen: Erich Arp und der im kommunistischen Widerstand tätige Elmshorner Gastwirt Arthur Geißler
Der gut fünfzigminütige Beitrag dokumentiert Originalrundfunkdurchsagen zum Kriegsende und lässt den Historiker Dr. Detlef Siegfried über seine Recherchen sprechen, die zur Bekanntheit dieses in den späteren Westzonen einmaligen Vorganges geführt haben. Sein Fazit in einem späteren Aufsatz: „Zusammenfassend ist festzustellen, dass die antifaschistische Bewegung Elmshorns zu einem Zeitpunkt die Initiative ergriff, als die Machtverhältnisse noch keineswegs im Sinne eines demokratischen Neubeginns geklärt waren. Grundlage der Bewegung war das gemeinsame Handeln der Mitglieder der Linksparteien. Die praktische Arbeit, die von den Antifaschisten geleistet wurde, zeigt welche Potenziale zum Neuaufbau in den ersten Tagen in einem Teil der deutschen Bevölkerung vorhanden waren. Dieser fruchtbare Prozess wurde von der Besatzungsmacht willkürlich unterbrochen.“[1]
Dennoch ist es ihnen und den vielen Elmshornerinnen und Elmshornern gelungen, eine ganze Stadt von der Naziherrschaft zu befreien. Sie verhinderten weitere Kriegshandlungen und übten eine Woche ein demokratisches Regime aus. Ihre politischen Wünsche ließen sich nicht realisieren. Aber, so Erich Arp abschließend: „dass wir in Elmshorn so ohne einen Schuß Pulver, nur mit unseren weißen Flaggen und mit unserer etwas drolligen aber kernfesten Ordnungstruppe… da durchgekommen sind, dass hat uns nachträglich noch sehr gefreut.“
Die Sendung ist jetzt mit freundlicher Unterstützung des Norddeutschen Rundfunks Schleswig-Holstein als Audiobeitrag wieder auf www.spurensuche-kreis-pinneberg.de zu hören und wird am 8. Mai freigeschaltet. Es sprechen: Susanne Steffens, Christoph Ahrens, Klaus Ahlers, Heinz Holland und Andreas Schmidt.
Teil I: Die Anklageschrift – Der Bombenangriff im April 1945 – Die Flugblattaktion des Antifaschistischen Ausschußes – der 1. und 2. Mai 1945 – das Marinearsenal wird geräumt – Eine letzte Hauptkampflinie – 3. Mai 1945: Die Aktion weiße Flagge – Das Gewerkschaftshaus wird besetzt – 4. Mai und 5. Mai 1945: Der antifaschistische Ordnungsdienst – 6. Mai 1945: Die Absetzung des Bürgermeisters – 7. und 8. Mai 1945: Der antifaschistische Gewerkschaftsausschuss übernimmt Elmshorn – Die Briten fahren durch – Rede an die Unternehmer – Aufruf an „die Arbeiter fremder Nationalität“.
Teil II: Die Lage der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen – Festnahmen von Nazis – 9. Mai 1945: Nachricht über die Kapitulation – 10. Mai 1945: Die Briten besetzen Elmshorn – 11. Mai 1945: Major Ryder verlangt die Entwaffnung des antifaschistischen Ordnungsdienstes – Die Pinneberger Aktion – 13. Mai 1945: Das Ende der Selbstbefreiung
[1] „Elmshorn ist freie Stadt“ Weiße Bettlaken am Kirchturm, oder: die antifaschistische Selbstbefreiung im Mai 1945 von: Detlef Siegfried, abgedruckt im Jubiläumsband des AKENS e.V 2008